Short Cuts :: VON JOACHIM HENTSCHEL

We Love Music(SONY)

Ein Retro-R&B-Schauspiel für die Sommerloch-Spielzeit, starring DJ Koze als Earth, Erobique als Wind und Cosmic DJ als Fire. Die zwei Ex-Fischmobber und der Lounge-Disco-Orgler spielen aus einem amerikanischen Unterhaltungs-Radiogerät heraus die Playlist von vor zwanzigjahren, mit Rhodes und Vocoder und mehrstimmigen Synthesizer-Licks. Drei englische Adjektive: smooth, mellow, dopey. Weil keine Disco-Queen auftreten muss und sich die berüchtigte Albernheit der Herren in Grenzen hält, ist das eine angenehme Erinnerung an den Black Soul vor der Machtübernahme durch die mächtige Schreibmaschine Timbalands. Angenehm einschläfernd auch. 3,5

The Pattern – Real Feelness (Wichita/efa)

Ja, ja, das „the“ im Namen, aber es gab die Band schon, bevor die Strokes zum Diktat riefen. Mit der letztjährigen Mini-LP von The Pattern aus Oakland hat das Album nur ein Stück gemeinsam, und es verblüfft am Anfang sogar ein wenig, wie sie den bluesigen Punk der Sechziger und die Klasse von 1977 zusammenschütteln. Das Bedeutsamste allerdings sind die Posen und Andeutungen – so arm das klingt, man muss sie live sehen. Am besten als Vorgruppe von irgendjemandem. 2,0

Die Zeit ist reif… (PAULI/ZOMBA)

„…für ein Tribut an Family 5“, sagt diese CD, weil es tatsächlich auch nach 1983 (also Post-NDW) in Deutschland guten, politischen New Wave gab. Der von den Fehlfarben zurückgetretene Peter Hein tobte weiter gegen die eigene Langeweile an, besang Japaner in Düsseldorf und rief auf: „Tanz dir den Arsch wund!“ – die Band um den ähnlichen rastlosen Xao Seffchecjue zitierte Funk, Dub und Rock. Endlich bringt das neue Wuppertaler Label „Paul!“ das zentrale Werk von Family 5, Resistance“, mit Bonus tracks auf CD (Titel: „Das Brot der frühen Tage“, 4,0), dazu unter dem eingangs zitierten Namen ein Tribute-Album mit Farin Urlaub, den Boxhamsters, Subterfuge und dem Ex-Fehlfarben Frank Fenstermacher. 3,0

Blue States – Man Mountain (XL/beggars)

Nach Goldfrapps „Felt Mountain“ jetzt ein „Man Mountain“, die Assoziation ist nicht mal irreführend: Die geisterhaft schöne Stimme der noch unbekannten Tahita Bulmer und die orchestralen (und von einem echten Orchester gespielten) Kompositionen auf dem zweiten Album des Engländers Andy Dragazis klingen nach Sixties-Filmscore, Nancy Sinatra, Märchenwald, Swinger-Club, Hippie-Musical. 3,5

Tony Allen – Home Cooking (Comet/zomba)

Berühmt geworden ist er als rhythmische Feuerstation am Schlagzeug des großen Fela Kuti, seit einigen Jahren spielt der Nigerianer Tony Allen selbst den Schirmherren für transmusikalische, transnationale Arbeit. Blurs Dämon Albarn müht sich als Gastsänger und Melodica-Solist um Lässigkeit, und ob dieser Groove mit E-Pianos, Wah-Wah-Gitarren, Ghetto-Chöten und scharfen Bläsern nun Afrobeat ist oder Funk oder polyrhythmischer Hip-Hop, kann man sich hinterher gern fragen. Wie ich lernte, die Weltmusik zu lieben. 4,0

Guz/Unser Kleiner Dackel – Split-Album (wuw/alive)

Neue Koalition im Paradies der Ungeliebten, der unverbesserlichen Songschreiber, der Leute mit dem fröhlichsten Kulturpessimismus: Self-Made-Beatboy Guz, der seinen Aeronauten neuerdings die guten Sachen vorenthält, und die schwäbischen Jugendhaus-Lemonheads Unser Kleiner Dackel. Mit Grüßen an Bernd Begemann, George Harrison und die TV Personalities. 3,0

Manumatei (FOUR MUSIC/SONY)

Die Welt ist zu hartherzig, um die Stuttgarter Brüder Manu und Matei wirklich zu verdienen. „Dieses Album widmen wir der Zeh“, schreiben sie auf ihr Debüt, eine R&B-Platte, summend und sauber wie ein frisch gesaugtes Schlafzimmer. Dazu die rehbraun empfindsamen Texte – das sind eigentlich Liedermacher. 2,0

Murderdolls – Beyond The Valley Of The Murderdollls (ROADRUNNER)

Wir haben Wissenschaftler gefragt: Die Songtitel „She Was A Teenage Zombie“, „197666“ und „Grave Robbing U.S.A.“ sind tatsächlich lustig gemeint. Trotzdem (und weil hier der Slipknot-Drummer Gitarre spielt) soll man die Platte von Leuten fernhalten, die böse gucken. Ansonsten für Punks, die Glamour verschmerzen können. 2,5

The Liars – They Threw Us All In A Trench And Stuck A Monument On Top (mute)

Genau, das „the“ im Namen. Die atonale, künstlerisch ambitioniertete Variante des neuen New York, nichts zum Kopfnicken. Historisch betrachtet weiß man auch gleich, wer gemeint ist (Gang OfFour, The FalL RLL.) – damit macht man sich wenig Freunde, aber die Liars bellen und prügeln das Programm durch, überzeugt und überzeugend. 3,0

The Zephyrs – The Love That Will Guide You Back Home (ACUARELA/SKYCAP/ZOMBA)

Der sonische Schwall von 4AD-Platten, Folksongs wie Mojave 3, trotzdem blieb das letztjährige Album der wundervollen Edinburgher Zephyrs fast ungelobt. Auf dieser EP singt Stuart Braithwaite von Mogwai mit, hätte nicht sein müssen. 3,5

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates