Short Cuts von Jörg Feyer, Birgit Fuss & Jürgen Ziemer
Round One To Round Five ’93-’99 (MAIN STREET RECORDS/EFA)
Diese Zusammenstellung von fünf Maxis, die in den letzten sechs Jahren veröffentlicht wurden, zeigt, was Klassiker auszeichnet: eine Vision, die sich auch nach einem halben Jahrzehnt noch nicht abnutzt Ein Klang, der nicht an Genres gekoppelt ist, der Dinge weiter denkt, ohne sich allzu offensichtlich auf andere zu beziehen. Die beiden Berliner Produzenten Moritz von Oswald und Mark Ernestus morphen sich von House über Techno zu einer neuen Form von Dub. Andy Caine und der Reggae-Sänger Tikkiman singen dazu mit einer unbeschreiblichen Hingabe, als sei diese minimalistische Musik ein Gottesdienst 4,5
Big Iowa – Bangin‘ ’n‘ Knockin‘ (BLUE ROSE/ZOMBA)
Hey, wie klingt wohl eine Band, die ein Album mit den Zeilen „I just wanna keep on drivin'“ und dem Titel „Neil’s On The Radio“ startet? Genau: wie obersympathische Roots-Provinzler, die sich immer wieder nach dem „Two Lane Highway“ strecken, um dann doch nur vor Sehnsucht zu zerfließen: „It feels like prison in this hotel room.“ Pluspunkte im Einerlei derartiger Unternehmungen sammeln Big In Iowa mit teils überdurchschnittlichen Songs („Rewind“), gut platzierten Folkund Country-Farben und Sänger Bob Burns. 3,0
Springbok Nude Girls – Surpass The Powers ( epic/sony)
Erst die Barenaked Ladies und nun noch Springbok Nude Girls? Na ja. Denkt man zuerst, aber ihrem seltsamen (haha) Namen zum Trotz macht das Quintett ganz anständige Musik. Die Südafrikaner haben freilich viel nach Seattle geschaut und einiges vom US-Crossover abgekupfert, langweilen aber trotzdem nicht, was vor allem an Arno Carstens‘ vielschichtiger Stimme liegt Und – so sagen Kapstädter live sind sie noch härter. 3,0
Paul Rodgers – Electric (cbh/spv)
Natürlich kann man nicht mehr allen Ernstes „Love Rains“ singen, aber was interessiert das schon Paul Rodgers. The Free waren ja auch nicht gerade für ihre elaborierten Texte bekannt, siehe „Alright Now“. Rodgers‘ Stimme ist gerade wenn er nicht kreischt, sondern schmalzt – immer noch einwandfrei, der Rest leider recht stumpfer (Hard-) Rock. 2,0
Wizards Of Ooze Almost…Bikini (baracuda/efa)
Es kommt wieder Böses aus Belgien. dEUS waren die Ausnahme; die Wizards Of Ooze verheißen schon mit dem Rotkäppchen-artigen Cover nichts Gutes. Kinder-Pop für äußerst infantile Gemüter. Das ist nicht lustig und wird auch nicht besser, wenn mal ein bisschen gerockt wird. Blöd bleibt blöd, und so viel Spaß und fröhlich-verspielten Elektro-Klimbim erträgt kein Mensch. 2,0
The Corrs – Unpluqged (atlantic/eastwest)
Es hätte so schön werden können. Es gibt ja viele Menschen, die all die Radiohits der Iren lieben, den Mainstream-Folk-Pop von „Only When I Sleep“ etc. Und das ist auch gar nicht schlimm. Unverzeihlich ist das Ende dieses halbakustischen Elends: Dass Fleetwood Macs „Dreams“ nicht aufregender geworden ist, okay. Aber die verkitschte, öde Version von R.E.M-s „Everybody Hurts“ ist eine Frechheit, für die man die schönen Geschwister Corr verhaften sollte. 1,0
Natalie Cole – The Magic Of Christmas (ELEKTRA/EASTWEST)
Ob die Welt wirklich noch mehr Weihnachtsalben braucht, ist immer eine berechtigte Frage. Wenn Natalie Cole „The Christmas Song“ mit ihrem verstorbenen Vater singt, klingt das jedoch erstaunlich stilvoll. Nach „Unforgettable“ hat man sich an diese leicht makabre Duett-Situation wohl gewöhnt Noch herziger wird’s, wenn sie „O Tanenbaum“ (sie!) anstimmt – den Text hatte man auch etwas anders in Erinnerung. Kitsch, aber geschmackvoller als Mariah Carey und Co. 3,0
Hugo Race & True Spirit – Last Frontier (glitterhouse)
Wenn man überall auf der Welt ein bisschen zu Hause ist und nirgendwo richtig daheim, dann klingt solch ein Album nur logisch: schwebend, immer an der Grenze zwischen Blues und Trance, nie wirklich fassbar. Und Lyrik für die Verlorenen: „Intercity night/ Erfurt lights so bright/ Fulda something good.“ Zielstrebig auf der Reise ins Nichts. 3,0
Soundtrack – End Of Days (geffen/motor)
Was bei „T2“ richtig war, kann beim nächsten Schwarzenegger-Film nicht falsch sein. Also tat Arnie sich wieder mit Guns N 1 Roses zusammen, die zwar nur noch aus Axl Rose und Komparsen bestehen, mit „Oh My God“ aber doch einen interessanten Song abliefern. Oder eher: vier Songfragmente, die nicht optimal zusammenpassen, aber hoffen lassen – nach acht Jahren. Außerdem: moderner Metal von Korn und Limp Bizkit, HipHop mit Eminem und anderen. 3,0
Diverse – Woodstock ’99 (Epic/Sony)
Das Jubiläums-Festival war eine Katastrophe, aber auf das bisschen Geld, das man im Nachhinein noch rausziehen kann, will auch keiner verzichten. Gehen halt ein paar Prozent der Einnahmen an eine Frauenhilfsorganisation. Eine ideologische Bankrotterklärung, und schlimmer noch: musikalisch unwichtig bis ärgerlich. Da helfen auch Creed mit Robbie Krieger und dem „Roadhouse Blues“ nicht. 2,0
Transglobal Underground – Backpacking On The Graves Of Our Ancestors
Fun-Da-Mental – Why America Will Go To Hell (NATION REC./ZOMBA)
ransglobal Underground feiern ihre Vergangenheit – nachdem die Welt nicht untergegangen ist, obwohl „Temple Head“ den Takt dazu vorgab. Eine Doppel-CD war da schon nötig: Nummer eins mit ihren wichtigsten Global-Fusion-Songs, Nummer zwei mit Remixes von Badmarsh bis Fun-Da-Mental. Letztere nahmen sich das Motto einer geplanten Predigt von Martin Luther King und warfen noch einige Lieder zusammen, bevor sie sich schließlich auflösten. 2,5