The Band

The Last Waltz

Joni Mitchell, Neil Young, Dr. John, Bob Dylan, Eric Clapton und Van Morrison bei dem legendären Abschiedskonzert

Vor 40 Jahren sagte Robbie Robertson vor der Kamera von Martin Scorsese: „Wir waren 16 Jahre unterwegs. Ich kann mir 20 Jahre nicht vorstellen. Ich könnte es nicht einmal diskutieren.“ In der Nacht zum Thanksgiving Day, am 25. November 1976, verabschiedete sich The Band im Winterland in San Francisco. Sie sahen immer aus wie Bürgerkriegsveteranen – und der Bürgerkrieg, den sie überstanden, waren die 60er-Jahre. Sie kamen aus Kanada und traten mit Ronnie Hawkins auf, sie gingen nach Kalifornien, sie spielten in Fort Worth/Texas in Jack Rubys Club, sie trafen Sonny Boy Williamson, der Mundharmonika und Gitarre spielte und Blut in einen Napf spuckte, sie kamen nach New York und sahen die Tin Pan Alley mit all den großen Songschreibern, Leiber/Stoller, Doc Pomus, Carole King, und dann wurden sie die Band von Bob Dylan, und nebenbei nahmen sie einige der besten Americana-Platten überhaupt auf.

Sie waren also die Band.

Jetzt, bei ihrem letzten Walzer, haben sie tränende Augen und tiefe Augenringe von den Drogen, sie rauchen, als würden sie das Leben aus dem Tabak ziehen, und Richard Manuel, hohlwangig und bärtig, sieht aus wie der Tod. Neil Young singt „Helpless“ und hat vergessen, sich die Kokainspuren von der Nase zu wischen, was später umfangreiche Retuschen nötig macht und den Film verzögert. Dr. John am Piano ist aufgeräumt und fantastisch. Eric Clapton gniedelt „Further On Up The Road“, Neil Diamond singt mit großer Sonnenbrille und blauem Anzug sonor und unbeirrt „Dry Your Eyes“ – Robertson hatte sein Album „Beautiful Noise“ produziert.

Mitchell ist die Königin

Dann kommt Joni Mitchell, die bei „Helpless“ schon im Hintergrund gesungen hat. Sie streicht Robertson wie mitleidig über das verschwitzte Gesicht, sie weiß, dass er bekokst ist. Sie ist die Königin, die mit den Jungs spielen darf, wie immer. Ihr „Coyote“ degradiert alles andere zu Bluesliedern.

Aber Van Morrison ist Van Morrison, er bläst mit „Caravan“ alles weg, und niemand schlägt Bob Dylan und The Band, wenn sie „­Baby, Let Me Follow You Down“ und „I Don’t Believe You“ spielen. Das Finale ist „I Shall Be Released“, alle singen mit, Ringo Starr sitzt an einem Schlagzeug an der Bühnenseite.

Vor 15 Jahren gab es eine Box mit vier CDs. Jetzt gibt es all das, die Proben und Zugaben, und den Film auch. Richard Manuel, Rick Danko und Levon Helm leben nicht mehr. Aber der letzte Walzer spielt noch immer, und ein Paar tanzt dazu ewig, umschlungen und versunken, am Thanksgiving Day 1976.

(Warner)