Tracy Chapman – Let It Rain: Gebrochene, großartige Songs, aber leider auch viel Gegreine :: EASTWEST
Na endlich, denkt man, traut sie sich was. Suchte Tracy Chapman zuletzt noch Zuflucht bei ihrem ersten Produzenten David Kershenbaum, der sich mit hi-fidelem Klangbild und dezent platzierten Loops auf „TellingLies“ nicht wirklich als Leuchtturm empfahl, so durfte diesmal mit Blick auf die Bucht von San Francisco John Parish ran. Der sich vor allem an der Seite von PJ Harvey, aber auch mit Sparklehorse und Pat MacDonald Meriten verdiente. Dazu gesellten sich vla. Schlagzeuger Joey Waronker (R£AL) und Saiten-Primus Greg Leisz (k.d.lang & 1001 Session).
Was nicht immer geholfen hat. Kulturpessimistisches Gegreine um die vermeintliche Ausbeutung des modernen Menschen („Hard Wired“) mag man halt nicht wirklich noch hören. Demgegenüber stehen aber doch einige Songs, die wohl zum besten gehören, was Chapman bisher zuwege gebracht hat. Woran Parish mit absoluter Konzentration aufs Wesentliche seinen Anteil hat. „In The Dark“ etwa, ihr persönliches „Und führe mich nicht in Versuchung“, verführt sie mit reduziertem Gestus zu einer ganz gebrochenen Interpretation. „Almost“ lässt TripHop-Anteile selbst in klassischem Ambiente durchscheinen.
Viel Vergeblichkeit auch in „Happy“, da mochte Chapman am liebsten auch mit ihrer Stimme nur noch flüchten wie vor der Liebe, die sie nur auf Distanz ertragen kann. Aber das ist ja sowieso das Dilemma heute. Tracy zumindest traut ihnen nicht, den Bildern, die man von sich und sich vom anderen macht. „The picture makes a promise, the flesh lets it be broken“ („Broken“). Da bleiben nur zwei Alternativen. Augen zu und gospelnd durch: „Say Halleluja“. Oder gleich: Klappe zu, Affe tot. Wobei „Another Sun“ mit eindringlichen Backing-Vocals einen morbiden Trost verströmt, der selbst notorischen Spaß-Nasen ganz schön unheimlich werden könnte.