VAN MORRISON – The Philosopher’s Stone :: POLYDOR

An Van Morrison herrscht niemals Mangel. Gerade sind die vorzügliche Them-Anthologie und die noch besseren „New York Sessions ’67“ erschienen, da kommt eine Sammlung mit unveröffentlichten Aufnahmen, die immerhin die Jahre zwischen 1971 und 1988 umfaßt – rätselhafterweise sogar mit einem Stück, das für „Astral Weeks“ vorgesehen war. War der jüngere Morrison der bessere? Really dont ‚t know. Er wurde jedenfalls, das läßt sich verfolgen, immer entrückter, stetig vergeistigter und spiritueller. Vom Blues zum Soul zum Gospel zum SpirituaL Nicht so gut ist der alte Grantler, wenn er gut gelaunt ist. Kommt nicht häufig vor.

Ganz unbekannt sind einige Songs nicht „Song Of Being A Child“ muß Peter Handke schon mal gehört haben, denn das wunderbare Rezitations-Duett enthält die denkwürdigen Worte „When the child was a child“ – es war für Wim Wenders‘ Film „Der Himmel über Berlin“ vorgesehen, für den Handke das Drehbuch schrieb. Der Morrison-Verehrer Handke möchte so schreiben, wie Morrison singt, aber er kann es nicht. Dagegen ist es gleichgültig, wo und wann Morrison seine Stimme erhebt und was er sagt es klingt immer wie ein Hochamt. „The Street Only Knew Your Name“ kennt man von ,Jnarticulate Speech Of The Heart“, doch diese längere, Soulgetriebene Fassung übertrifft die kontemplative des Albums. Und „Bright Side Of The Road“, ein Standard bei den Konzerten, klang nie heller und fröhlicher: Man erwartet geradezu, der Brummbär werde jeden Moment laut lachen – wird er natürlich nicht „Real Real Gone“ schrieb Morrison für „Common One“, eines seiner schönsten Alben – es erschien zehn Jahre später auf „Enlightenment“, einer eher marginalen Platte.

„Th^4e Philosopher’s Stone“ ist ein Nachtrag, aber ähnlich dem Konzert-Dokument „A Night In San Francisco“ für Einsteiger geeignet, falls noch jemand einsteigen mag. Noch Morrisons Ausschuß würde geringeren Songschreibern, wie man so schön sagt, für eine glänzende Karriere genügen. Von „Outtakes“ mag man gar nicht sprechen. Es sei nicht verschwiegen, daß zumal einige spätere Stücke – „Showbusiness“, „For Mr. Thomas“, „Crazyjane On God“ und „High Spirits“ – von Mucker-Spielfreude, Folklore-Taumel und emphatischer Spiritualität allzu weit fortgetragen werden. Früher reichte ein Klavier, um Magie herzustellen. Auf den letzten Alben dominiert dagegen eine Art fröhlicher Jenseitserwartung, und unter dem Einfluß von Georgie Farne dürfen sich die Musiker austoben, die bei Morrison früher nichts zu melden und noch heute nichts zu sagen haben.

Morrison-Maniacs werden jubilieren, wenn sie den unglaublichen Funk-Jazz von „Western Plains“ hören, aufgenommen 1975. Oder JLover’s Prayer“ von 1973. Oder „Really Don’t Know“ von 1971. Oder „I Have Finally Come To Realise“ von 1975, einen der nicht wenigen Morrison-Songs, die man nur unter Tränen hören kann. Oder „Twilight Zone“ und „Try To Sleep“, zwei der besten Songs, die er je geschrieben hat Zu der Pflicht eines jeden Menschen, sämtliche Platten von Van Morrison zu kennen, tritt nun die Pflicht, „The Philosopher’s Stone“ zu hören.

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