Wolfgang Doebeling – Drucksachen

Paul Wellers Musik hat heute deutlich mehr von Humble Pie als von den Small Faces, aber ein smarter Dresser ist er noch immer. Und nicht selten ein scharfer Denker. Nicht mehr so militant wie einst, als er vorschlug, zur Verhinderung von Bloodsports doch einfach die Jäger zu erschießen. Ein wenig milder ist er geworden, doch ist sein Gerechtigkeitsfanatismus ungebrochen. Vor unseren Augen scheint sich der gute Weiler in einen Grübler zu verwandeln, ein Schicksal, das er mit Pete Townshend teilt „DAYS LOSe THEIR NAME AND TIME SLIPS AWAY(Boxtree, 130 Seiten, ca. 30 Mark) ist denn auch ein adäquat prätentiöser Titel für ein Buch, das nicht viel mehr ist als ein photographisches Dokument der Reifung des Paul Weller zum erwachsenen und ernsthaften Songwerker. Sind die Textfragmente seines alten Busenkumpels Paolo Hewitt oft nur bloßes Beiwerk, haben die Photos von Lawrence Watson jedoch genug Kraft und Ausstrahlung, um auch dem Nicht-Fan die Persönlichkeit des Eider Statesman of Britpop näherzubringen. Sympadiy and respect is all you need. Und beides schulden wir ihm. 3,5

Sympathie und Respekt für Jim Morrison aufzubringen ist ungleich schwieriger. Der Mann war füll of shit Selbst Doors-Aficionado Oliver Stone konnte über den Menschen Morrison nicht viel Erwärmendes mitteilen. Gefragt, woran er zuerst denke, wenn er den Namen Jim Morrison höre, antwortete Stone ohne Zögern: „Schwarze, enge Lederhosen.“ Hoppla. „Strange Days“ (Edition Olms, 180 Seiten) von Chuck Crisafulli entpuppt sich daher wider Erwarten als gelungener Versuch, weniger das Image des Lizard King, sondern die Musik der Doors zu charakterisieren. Jenseits von Schamanen-Geschwafel und Dionysos-Dünkel geht er sämtlichen Doors-Songs auf den Grund und erzählt ihre Geschichten. Ganz ohne profanen Voyeurismus und peinliche Verklärung geht es auch hier nicht ab, doch ist die Mehrzahl der Anekdoten eher entmystifizierend und erhellend. Und dennoch really stränge. 3,0

Als begnadeter Schreiber hat sich Christopher Sandfort bisher nicht hervorgetan, doch waren seine Biographien von Mick Jagger und Eric Clapton passabel, wenn auch wenig mehr als bloße Fleißarbeiten. Jetzt hat sich Sandfort „KURT COBAIN“ (Gollancz, 210 Seiten, ca. 48 Mark) vorgenommen und muß scheitern, weil er den Mangel an Interesse für die Musik von Nirvana nicht zu kompensieren vermag durch einen Griff ins volle fremde Leben. Da war nicht allzuviel Leben, das zu umfangreichen Interpretationen Anlaß gäbe: Traumata als Kind, Traumata als Jugendlicher, Traumata als Star, Suizid. Dazwischen der eine oder andere perverse Fetisch. Immerhin erspart uns der Autor ausuferndes Psychologisieren und bringt, unausgesprochen, auf den Punkt, was man bislang nur ahnte: Cobain war in zweiter Linie verwirrt, in erster Linie, je nach Blickwinkel, ein Arschloch oder eine arme Sau.

2,0

Leicht überarbeitet neu aufgelegt ist „ROAD MANGLER DE-LUXE“ (White Boucke, 330 Seiten, ca. 25 Mark), die holprig, aber mit Herz geschriebene Autobiographie des semi-legendären Phil Kaufman. Wir erfahren, wie er bei den Stones zum Mädchen für alles aufstieg, warum er Gram Parsons über dessen Tod hinaus die Stange hielt und seinen Leichnam kidnappte. Das Buch ist voller wahnwitziger Histörchen, deren unglaublichste Eigenschaft es ist, wahr zu sein, 4,0 Ebenfalls höchst vergnüglich ist „HAPPY TRAILS“ (Fireside, 250 Seiten, ca. 22 Mark), die Lebensgeschichte von Roy Rogers und seiner leading lady Dale Evans. Und, nicht zu vergessen, des heroischen Pferdes Trigger. „Happiness, but not without pain“ heißt ein Kapitel, das fürs gesamte Leben der singenden Cowpersons stehen könnte. Am Ende seufzen wir mit Roy und Trigger dankbar: Thank heavens for Dale Evans. 4,5

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