TV-Tipp: „If…“ – Wenn die Jugend wirklich rebelliert

Arte zeigt am Montag (21. August, 22:10 Uhr) den seit vielen Jahren im Fernsehen nicht mehr ausgestrahlten Kultfilm mit Malcolm McDowell. Ein Höhepunkt des 60er-Jahre-Kinos.

Lehrer zeigen ihren Schülern im Unterricht gerne den Film „Club der toten Dichter“ von Peter Weir oder spielen ihnen „The Wall“ von Pink Floyd vor, um sie daran zu erinnern, dass man gegen verkrustete gesellschaftliche Strukturen zu allererst dort vorgehen muss, wo sie entstehen: in den staatlichen Institutionen und Bildungseinrichtungen. Das ist schon deshalb ironisch, weil wohl kaum ein junger Mensch von heute auf die Idee käme, gegen den sanften Widerstand der dann auch noch häufig mit sich selbst beschäftigten Lehrer und Schulleiter anzukämpfen. Viele begrüßen sogar den Leistungszwang und nehmen die Herausforderung an, den eigenen Lebenslauf mit großer Disziplin der Anforderungen des Arbeitsmarktes entgegen zu optimieren.

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Dass es mal anders war, dass Schulen und Internate vor noch nicht allzu langer Zeit, wenn auch nicht unbedingt überall in Deutschland, auf jeden Fall aber in vielen anderen Ländern der Welt, den Freiheitswillen von Kinder und Jugendliche mit physischer und psychischer Gewalt brechen wollten, ist heute allenfalls noch in historischen Dokumenten verbürgt. Die Studentenrevolte der 68er ist längst auch nur noch ein Mythos unter vielen.

Terror im Internat

Das lange Zeit im Fernsehen nicht zu sehende, auch erst seit einigen Jahren hierzulande auf DVD erhältliche britische Drama „If…“ von Lindsay Anderson aus dem Jahr 1968 fängt jene Stimmung, als die Jugend gegen den dumpfen Druck der Erwachsenen rebellierte, auf erschütternde und suggestive Weise ein. Am Montag (21. August) läuft er um 22.10 Uhr auf Arte .

Der Free-Cinema-Pionier Anderson, der sich mit Dokumentarfilmen einen Namen machte (und für den eindrucksvollen Kurzfilm „Thursday’s Children“ einen Oscar erhielt), erzählt in seinem Film von einer britischen Militär-Internatsschule, in der die jüngeren Eleven von ihren älteren Kameraden schikaniert und gequält werden. Mick Travis (Malcolm McDowell mit seinem Kinodebüt) und einige andere Kameraden versuchen sich der alltäglichen Gewalt zu entziehen. Als sie beim Ausräumen eines Kellers plötzlich auf einen Vorrat von schweren Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg stoßen, schmieden sie einen Plan, wie sie sich an ihren Peinigern rächen können. Schließlich schießen sie bei einer Jubiläumsfeier des Internats wahllos auf alle Menschen, die nicht mehr rechtzeitig flüchten können. Doch die Gäste der Veranstaltung wissen sich ebenfalls zu wehren.

Eindringliche Warnung vor Revolte

„If…“ prangert mit dokumentarischer Präzision und nachhaltig in Erinnerung bleibenden surrealistischen Sequenzen (darunter eine nahezu unglaubliche Liebesszene) die gesellschaftlichen Bedingungen der 60er Jahre in Großbritannien an und warnt eindringlich davor, dass die Jugend sich ihre Freiheit auch mit Gewalt nehmen wird, wenn sie ihr mit voller Absicht verwehrt wird. Das Meisterwerk der Britischen Neuen Welle hatte seinerzeit den Zeitgeist geradezu magisch auf der eigenen Seite; kaum ein Film dieser Jahre fing den revolutionären Geist der 60er derart bezwingend ein.

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Stanley Kubrick hatte genau zugeschaut und mit McDowell nur wenige Jahre später den idealen Hauptdarsteller für seine zynische Sci-Fi-Gesellschaftssatire „Uhrwerk Orange“ gefunden. „If…“, vom British Film Institute im Jahr 1999 auf Platz 12 der besten britischen Filme aller Zeiten gewählt, bildete über seine singuläre Wirkung als Widerstandsfilm hinaus den Auftakt zu einer Trilogie seines Regisseurs Lindsay Andersons über den „Verfall“ der britischen Gesellschaft mit den Nachfolgerfilmen „Der Erfolgreiche“ und „Britannia Hospital“, jeweils ebennfalls mit Malcolm McDowell in der Hauptrolle.

„If…“, 22. August, ARTE, 22:10 Uhr

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