Vergnügen vor dem Sterben

Die Kunst des Understatement, der Hang zur Melodie: POND vermeiden bescheiden jede plakative Exaltation

Charlie Campbell lügt.Wer dreimal hintereinander beteuert, seine Ex-Freundin geliebt zu haben, dem kann man einfach nicht glauben. Zwei Songs auf dem neuen Album seiner Band Pond schließen mit dem Schwur: „One thing is true/ I loved you.“ Auf der neuen Single findet sich dieser Satz schließlich noch ein drittes Mal. Hat der Songwriter seine Verflossene nie geliebt, oder tut er es vielleicht noch immer? Campbell, ein schüchterner Mann, fixiert die Tischplatte: „Wir schrieben die Stücke der Platte zu der Zeit, als ich mich gerade von meiner Freundin getrennt hatte. Die Sache hat mich natürlich sehr beschäftigt. Außerdem mag ich die Idee des Leitmotivs.“ So bildet die Beteuerung denn auch die einzige Klammer, die sich um das zweite Werke der Amis schließt. „The Practice of Joy Before Death“ ist ein kunterbuntes Gemisch aus Song-Miniaturen und Breitwand-Rock – alles ist erlaubt. Ein einheitlicher Sound wurde bewußt vermieden. „Wir haben nicht auf Wiederkennbarkeit hingearbeitet. Diese Platte ist musikalisch viel einfacher als alles, was wir zuvor gemacht haben. Wir haben überwiegend mit einer alten 8-Track-Maschine gearbeitet und ganz einfache Akkorde benutzt. Und ich habe spaßeshalber eine Menge mit den Instrumenten rumexperimiert, die ich mir in letzter Zeit gekauft habe.“ Ein erstaunlicher Wandel. Immerhin wies das Trio noch vor zwei Jahren alle Eigenschaften auf, die die Trüffelschweine der Rock-Industrie dazu hinreißt, vom nächsten großen Etwas zu grunzen. Die drei Freunde sind in Portland angesiedelt, und diese Stadt wurde bekanntlich 1992 als neues Seattle gefeiert. Dir Debüt gehörte zu den smarteren Produktionen des damaligen Underground-Kehraus. Die gute Harmonie ging Pond über alles – keine zweite Band zu dieser Zeit wies jedoch ein solch hohes Maß an Understatement auf. Pond waren eine dieser in sich ruhenden Gruppen, die jede plakative Exaltation tunlichst vermeiden. Und die Sprüche ließen sie die anderen klopfen.

Das ist noch immer so. „Es ist so unfair“, sorgt sich Campbell ganz ehrlich um deutsche Bands. „Kämen wir nicht aus Amerika, hätten wir nie einen Vertrag mit Sub Pop bekommen. Dann würden wir jetzt nicht mal in diesem Hotel sitzen.“ So ist das: Der eine rockt an der Welt vorbei, der andere möchte sie umarmen.

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