Während sie sich bei Britanniens Kritik mit Arroganz unmöglich machten, bleibt TOPLOADER das mit dem Debüt eroberte Publikum weiterhin treu

Wenn man den Fernseher einschaltet und plötzlich sich selbst auf dem Bildschirm sieht, kann das zumindest befremdlich sein. Wenn man wie Joseph Washbourn den Hotelfernseher in den verschiedensten Ländern einschaltet und auf fast allen Programmen nur die eigene Fresse zurückschaut, kann das zu Irresein und Größenwahn führen. Washbourn ist normal geblieben, auch wenn er als Großmaul galt, mit Mick Hucknall verwechselt wurde, Spott bezüglich seiner Korkenzieher-Frisur ertragen musste und es zwischenzeitlich – dies sei für Leute gesagt, die Radio hörenkeinen Radiosender gab, der auf den einstmaligen Kings-Harvest-Hit „Dancing In The Moonlight“ verzichtete, den Toploader vor ziemlich genau zwei Jahren neu interpretierten.

„Hören konnte ich es eine Zeitlang nicht mehr, aber spielen mussten wir es ja auf den Konzerten immer wieder“, grient der gar nicht arrogante Washbourn, der Wert darauf legt, bei der Vertragsunterzeichung damals überhaupt keine Haare auf dem Kopf gehabt zu haben. „Rückblickend war der große Erfolg von ‚Dancing In The Moonlight‘ Bürde und Segen zugleich. Sicher wurde es zeitweise zu oft gedudelt, andererseits sind wir eben dadurch einer breiten Masse bekannt geworden. Das Seltsame ist ja auch, dass ‚Achilles Heel‘, unsere zweite Single, in England ein noch weitaus größerer Erfolg war. Bei euch dagegen scheint der Song etwas untergegangen zu sein.“ Kann man durchaus so sehen.

In Großbritannien triumphierte die Band also weiter, hier wollte man plötzlich lieber nicht mehr mit einer Toploader-Platte gesehen werden. Alsbald zeterte auch die britische Presse: Toploader wurden vom neuen Ding (Stichwort: Softrock-Revival, Dauer: eine Woche) zu den Deppen der Saison degradiert, der „New Musical Express“ vergab fürs zweite Album „Magic Hotel“ einen einzigen von zehn möglichen Punkten. „Die haben uns als Vollidioten beschimpft“, bleibt Sänger und Keyboarder Washbourn trotzdem locker, „aber wir sind dennoch von 0 auf 3 in die Charts eingestiegen. Ich nehme so etwas gar nicht mehr ernst, man regt sich nur unnötig auf, und das ist ungesund. Wenn wir mit Journalisten sprechen, die nicht von der Insel kommen, hören wir oft, dass die britischen Musikzeitschriften doch gar nicht so schlecht seien. Aber steck mal selber drin, dann sieht das schon anders aus!“

Den größten Teil von „Magic Hotel“, auf der Opulentes („The Midas Touch“) wie Stringentes (das im Refrain frappierend an „Twist And Shout“ erinnernde „Leave Me Be“) zu finden ist, haben sie gleich in Los Angeles aufgenommen, zudem im selben Studio, in dem die Beach Boys „Pet Sounds“ einspielten. Natürlich war das LSD längst aufgebraucht, auch hingen zur Überraschung aller keine goldenen Schallplatten an der Wand. „Es hat nicht gespukt, und wir haben keine Stimmen gehört. Aber die geschichtsträchtige Atmosphäre war in jedem einzelnen Augenblick zu spüren. Und der Komfort dort war großartig: Immer, wenn ich ein Glas zur Hälfte leergetrunken hatte und wegschaute, war es, wenn ich erneut hinsah, schon wieder bis oben gefüllt.“

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