Whole Lotta Led

Für Menschen, die ohnehin ständig jammern, wie schnell die Zeit vergeht, muss diese DVD die Hölle sein. Selten sah man so deutlich, was vier Jahre anrichten können. Mehr als fünf Stunden Led Zeppelin-Konzertmitschnitte hat Jimmy Page für „DVD“ zusammengetragen, es beginnt mit 102 Minuten Royal Albert Hall von 1970, dann 23 vom Madison Square Garden ’73 und 49 aus dem Earls Court von ’75. Sie zeigen alle ungefährt dasselbe Bild: Robert Plant, engelsgleich, aber auch sehr selbstverliebt und sich seiner Wirkung bewusst. Irgendwann glaubt man, es käme nur in so vielen Led Zep-Songs das Wort „hair“ vor, damit Plant sich beim Singen theatralisch durch die Locken fahren kann.

Und wenn man das je schreiben durfte, dann hier: Er singt wie ein junger Gott – bringt ohne Anstrengung die höchsten Töne, schreit sich selbst in Ekstase. Jimmy Page spielt dazu wie ein Besessener, John Paul Jones hält sich wie immer zurück und John Bonham gibt den Berserker: Wer es tatsächlich schafft, sich „Moby Dick“ komplett anzuhören, muss Nerven aus Stahl haben.

Und dann, nach dem fantastischen Earls-Court-Gig, ist es plötzlich 1979, und alles ist anders: Plant strengt sich beim Singen richtig an und verliert dabei sein Charisma, Page sieht ausgelaugt aus – und die Band klingt wie eine professionelle Hardrock-Band an einem durchschnittlichen Abend. Da mag Page „Intensität“ sehen und Jones die metallische Version von „Whole Lotta Love“ für „funky“ halten – ein Karriere-Highlight war das nicht. Toll dagegen: die frühen Gaga-Interviews, die irren „Promos“, also Videos. Und unter Plants knappen Jeans zeichnet sich der kleine, kregle Robert ab.

Die Aufnahmen des Doppel-Albums „How The West Was Won“bezeichnet Page unbescheiden als „Led Zeppelin at its best“ und übertreibt damit nicht einmal. Das Material stammt von zwei Abenden im Juni 1972, LA Forum und Long Beach Arena. Zur Verfügung standen also vier Alben, und die hatten ausgereicht, um die Band vollkommen zu definieren: „Immigrant Song“, „Black Dog“, „Since l’ve Been Loving You“, „Stairway To Heaven“, „Dazed And Conf used“ – das hier 25 Minuten währt -, „Moby Dick“, der in nur 20 Minuten erlegt wird. „Whole Lotta Love“ dauert 23 Minuten, wird aber von John Lee Hookers „Boogie Chillun“ und frühem Rock’n’Roll („Hello Marylou“!) unterbrochen. Dann „Rock And Roll“, „The Ocean“ und Willie Dixons „Bring It On Home“.

Jede Menge Gniedelei und Gedudel also und Zeit, um pinkeln zu gehen, eine Nummer zu schieben oder frisches Bier zu holen.

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