Ziemlich auflegend

Seit etwa zehn Jahren sind die „braunen Jungs von der Waterkant“, Jacques Palminger, Rocko Schamoni und Heinz Strunk (ursprünglich war noch Matthias Strzoda dabei) als Telefonstreich-Anbieter tätig. Zunächst mit viel, zuletzt mit nicht mehr ganz so komischem Erfolg. Auf ihrer DVD „20 000 Jahre Studio Braun. Ein Jubiläum feiert Geburtstag“ versucht das Trio nun noch einmal, den akustischen Spaß ins visuelle Medium zu transformieren und verspricht „Eimerweise Braunes Gold“.

Die Idee, als Rahmenerzählung eine Fernseh-Talk-Runde zu fingieren, ist schon mal ganz gut. Josef Ostendorf bekommt hier Gelegenheit, die einzelnen Clips in bekannter „Brownies“-Manier anzumoderieren, also in dieser outrierten, feuilletonphrasengenudelten Schwell-und Blähsprache, die wohl vor allem aus Heinz Strunks Feder stammt. Den einzelnen Clips merkt man jedoch ein wenig die Anstrengung an, die es offenbar gebraucht hat, die Telefonarbeiten ins Bild zu setzen. Einige Anrufe hat man nachgespielt. Meistens ziehen sie sich hier aber nur einen Eimer über den Kopf und stehen dann neben quatschmachenden Rentnern ein bisschen surreal in der Gegend herum. Die Qualität dieser skrupulös ausgearbeiteten und mit somnambuler Improvisationssicherheit durchgeführten Sprechstücke wird dadurch allerdings auch nicht geschmälert. „Je länger wir diese Telefonate gemacht haben“, erklärt Heinz Strunk im Gespräch, „desto besser waren wir in der Regel vorbereitet. Im Idealfall hat man ein Drehbuch. Weil man sich nicht sicher sein kann, dass von den Gesprächspartnern so viel zurückkommt, muss man schon selber für die Gags sorgen. Das ist dann schon richtig ausformuliert. Wir konnten irgendwann ungefähr sagen, wie es nach der Einschraubung weitergeht, wie also der Gesprächspartner voraussichtlich reagieren wird oder muss, damit das Gespräch genau die Wendung nimmt, die man beabsichtigt hat.“

Man kennt das Genre nun langsam, trotzdem lacht man wieder. Etwa wenn Strunk sich bei einer Tierliebhaberin meldet und abscheuliche Genmanipulationen anprangert: „Das Neueste ist jetzt ein Sitzhund. Da werden dem Tier alle harten Körperteile weggezüchtet, so dass der nur noch so eine gallertartige Masse ist und als Sitzgelegenheit missbraucht werden kann.“ — „Die müsste man aufhängen“, empört sich die Dame, sie ist nämlich Besitzerin eines Katers und hat zufällig gerade die Nachbarkatze zu Besuch. Als Strunk sie auffordert, die Rautetaste zu drücken, um damit kundzutun, dass sie mit dieser Ungeheuerlichkeit nicht einverstanden ist, legt sie den Hörer zur Seite und meldet dann Vollzug. Jawohl, sie habe beide Katzen einmal herzlich gedrückt. „Die Frau war toll“, erinnert sich Strunk. „Der Gag an sich ist ja eher so drei plus oder so, aber durch diese Wendung, die komplett von ihr kommt, ist das der absolute Hit. Normalerweise ist man in dieser Situation immer bierernst, aber da habe ich selbst auch gelacht.“

Die DVD enthält auch einige Kurzfilme, und bei aller Uberdrehtheit: In ihren besten Stücken sind Studio Braun ziemlich nah dran an dem realen Milieu, das sie persiflieren. „Das ist eben der Unterschied zur Comedy“, stimmt Strunk zu. ,Von den stumpferen Leuten wird das deshalb auch gar nicht als lustig wahrgenommen. Es geht da um Genauigkeit, es geht im Zweifelsfall immer eher um eine genaue Abbildung etwa von Kneipengesprächen oder dergleichen als um dieses Pointenfeuerwerk. Das hat mich ohnehin nie interessiert.“ Aber wie stellt man die sprachliche Genauigkeit her, die auch Strunks Kurzhörspiele „Mit Hass gekocht“ und „Der Schorfopa“ so auszeichnen? Er hat immer wieder alltagsrhetorische Versatzstücke gesammelt. „Ich war früher häufiger in Saufkneipen und hab da eifrig gelauscht. Als ich die Intonation solcher Gespräche einmal grundsätzlich begriffen hatte, konnte ich das nachmachen. Aber jetzt ist das Thema Hörspiel für mich auch durch. So wie Studio Braun niemals wieder einen Hörerin die Hand nehmen werden. Zum einen hat es sich nie verkauft, zweitens ist das ganze Genre abgefrühstückt — durch die Epigonen der Frühstücksradios ist das mittlerweile echt oll. Und drittens haben wir einfach keine Lust mehr, weil das wahnsinnig Kraft kostet. Man hat uns immer wieder gesagt: Ey, das habt ihr doch nur besoffen gemacht. Alles Quatsch. Das war richtig anstrengend.“

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