Häuslichkeit oder Hotelzimmer

Auf „The Game Of Monogamy“ singt Tim Kasher über die innere Rastlosigkeit und das Glück.

Alle paar Monate trifft sich Tim Kasher mit seinem alten Freund David Dondero auf einen Drink. Wie geht es dir? Wie laufen die Tourneen? fragen sich die Musikerkollegen und tauschen Erlebnisse aus. Doch neuerdings mischt sich etwas Anderes in die Gespräche der Songwriter. Soll das ewig weitergehen? Gibt es eine Alternative zum ständigen Unterwegs-Sein? Kasher und Dondero sind Teil von Saddle Creek – jener Anfang der 90er-Jahre um Conor Oberst entstandenen Musikergemeinschaft aus Omaha, Nebraska. Kasher ist besonders fleißig, brachte The Good Life und Cursive an den Start und feierte gerade mit letztgenannter Band recht große Erfolge.

Auf „The Game Of Monogamy“, dem ersten Album unter eigenem Namen, beschäftigt er sich mit dem Älterwerden, den Schwierigkeiten einer monogamen Beziehung und allgemeinen Vorstellungen vom Glück. „Wenn du dich bis Mitte 30 nicht niedergelassen hast, stehst du unter dem Druck, es jetzt zu tun – oder dich radikal dagegen zu entscheiden“, erklärt der 36-Jährige. „Ich werde panisch, wenn ich darüber nachdenke. Will ich mich wirklich später, in zehn Jahren, umdrehen und erkennen, dass ich mein Leben in Hotelzimmern verbracht habe?“ Für eine Weile zog Kasher in eine Kleinstadt in Montana und machte aus dem inneren Ringen um das richtige Leben eine offenherzige Platte mit einem ungewöhnlichen Thema und ungewöhnlicher Musik. Kasher bereitet den ihm angestammten Indie-Rock und -Folk mit sinfonischen Elementen auf und schreibt eine ganze Reihe klassisch amerikanischer Pop- und Rock-Topoi in die Arrangements.

Sehen wir ab jetzt der Oberst-Familie beim Älterwerden zu? Kasher relativiert. „Die Vorstellung von Saddle Creek, die viele Menschen im Kopf haben, ist 15 Jahre alt. Da waren wir alle sehr eng miteinander. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, uns dabei geholfen zu wachsen. Wir sind immer noch enge Freunde, aber … Es ist einfach anders geworden, jeder geht seine eigenen Wege.“ Nostalgisch? Kasher lacht. „Ja, natürlich. Ich habe für die meisten Dinge in meinem Leben ein nostalgisches Gefühl.“

„The Game Of Monogamy“ versteht Kasher als Auftakt einer neuen Phase. Mitte 30 sei okay für eine Solokarriere, Mitte 40 zu spät. Klingt nicht so, als wolle dieser Künstler sich häuslich niederlassen.

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