David Crosby Croz

Bescheidene vier Soloalben hat er in beinahe fünf Jahrzehnten geschaffen – aber was macht das schon, denn er war bei den Byrds, ist bei Crosby, Stills, Nash & Young, ist Hippie-Urgestein, Drogenfreak, Waffennarr, Idealist, Träumer und Spintisierer, genetischer Vater von Melissa Etheridges Sohn und Knallkopf extraordinaire. David Crosby hatte zunächst Gene Clark und Roger McGuinn vor sich und später Stephen Stills und Neil Young, und allein gelang ihm kaum Konzises. Seine beste Arbeit, „If I Could Only Remember My Name“ von 1970, ist eine notorische Improvisationsplatte – und ein Wunderwerk der Versenkung.

Die frei flottierenden Harmonien, der helle Engelsgesang, die transparente, glatte Produktion, die tranquilierende Atmosphäre – all das macht auch „Croz“ aus. Ohne seinen Sohn James Raymond – der die Produktion besorgte, an den Songs mitschrieb und Piano, Fender Rhodes, Synth Bass und sonst was bediente – wäre das Album kaum möglich gewesen. Noble Gäste wie Mark Knopfler, Wynton Marsalis und Dylan-Gitarrist Shane Fontayne veredeln die extrem entspannt fließenden Songs, die an Westcoast-Pop von Stephen Bishop und Andrew Gold erinnern, aber auch barocke Stimmungs- und Tonalitätswechsel fast wie im Prog Rock enthalten, manchmal kurz vor Wellness-Jazz oder New-Age-Duseligkeit. Es ist ein einziger Schönklang, eine Epiphanie des ewigen Moments, getragen von versöhnlichen, tröstlichen Botschaften aus dem Zeitalter des Aquarius: „There’s so much disturbing, short sighted shit/We must be able to do better than just live with it“. Wanderer, stell dein Gepäck ab! Finde ein Herz! Natürlich ist das sentimentales Zeug – und berückend jenseits aller Worte. (Blue Castle/ADA)

Alte Meister II: Auftritte mit Alexis Korner, John Mayall, Graham Bond und Manfred Mann, Triumphe mit Cream, danach gefeierte Soloalben, Jahre als Semi-Berühmtheit, Bass-Legende, Blues-Rock-Routine, Muckertum, Ochsentour, Comeback-Versuche, Alben immer erratischer. Im Jahr 2003 brachte ihn eine Lungenentzündung beinahe um, doch Jack Bruce kam zurück und trat mit Cream in der Royal Albert Hall auf. Mit 70 Jahren gelingt ihm nun ein Album von knorriger Güte, mild exzentrisch, stilistisch offen, nur ganz selten verdudelt („Drone“). Was Bruces Erfolg immer verhindert hat, ist zugleich das Tolle an seiner Musik: So Urbritisch-Skurriles wie „Hidden Cities“, nicht weit von den märchenhaften Anfängen von Peter Hammill und Peter Gabriel, singt er voll Inbrunst und ohne Furcht, seinen Stimmumfang zu überschreiten.

Und also haben wir das anrührende, sehnsuchtsvolle und sperrige Spätwerk, monumental wie die weißen Felsen von Dover, gesättigt von Erinnerung, Reue und großen Gefühlen, mit georgeltem Rummelplatz-Reggae, glühenden Balladen, den für ihn typischen Hybriden aus Rock und Blues, Bläser-Arrangements und guten, altmodischen Songs wie „Fields Of Forever“, das von Pete Townshend stammen könnte; mit Anklängen an die wuchtigen Riffs von Cream („Rusty Lady“) und elegischen Poemen („Don’t Look Now“,“Industrial Child“). Keinen Funken Modernität, keine Anbiederung gibt es in dieser Musik, assoziationsreich, ernst und tief empfunden. Das letzte Stück, „No Surrender“, ist so etwas wie der letzte Salut von einem der großen Sidekicks aus Goldener Zeit. (Esoteric/Cherry Red)

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