Jimmy Cliff – The Definitive Collection

Anthologie mit den bekannteren Songs des glücklosen Sängers Mit schmuddeligen, ziemlich gewalttätigen, billig produzierten „kleinen“ Filmen wie „Mean Streets“ und „The Harder They Come“ konnte man bis Mitte der 70er Jahre wieder richtig berühmt werden, wenn man damit einen Nerv traf. Mit dem ersteren Gangsterfilm begründete Scorsese die Karriere mehrerer Schauspieler und die eigene so richtig dazu. Mit dem zweiten, in dem Musik eine andere, aber nicht minder wichtige Rolle spielte, löste Perry Henzell in Amerika den ersten Reggae-Boom aus, und die gestrenge Kritikerin Pauline Kael befand damals, der Hauptdarsteller dieses „kruden, aber sinnlichen jamaikanischen Films“ überzeuge — obwohl Sänger — durch die Verve eines instinktiven Schauspielers.

Der für seine Billig-Politik bekannte Roger Corman übernahm den Film in seinen Verleih, und ein Untergrund-Hit in Programmkinos wurde er auch in Europa. Der typische Fall eines sogenannten „Sleeper“ also, bei dem in dem Fall Film wie auch Soundtrack es immer mehr zu beträchtlichem Kult-Status brachten. Natürlich verkörperte Jimmy Cliff den Gangster als Volksheld anders als James Cagney in berühmten Rollen. Nicht vorsätzlich, sondern nur auf Grund der begrenzten Mittel ähnelte Henzells Werk stark den semidokumentarischen Gangsterfilmen Hollywoods aus den späten 40er Jahren — wenngleich nicht in seinen knallbunten, prächtigen Farben, so doch immerhin in der von einem Drehbuch kaum beschränkten Erzählweise.

Cliff spielte die Rolle seines Lebens, nur daß er das gar nicht realisierte. Er lieferte die definitiven Interpretationen von fünf seiner besten Songs überhaupt für den Soundtrack ab. Den Nr. 2-Hit hatte im August 1970 zwar schon Desmond Dekker mit seinem „You Can Get It If You Really Want“ in England gehabt. Aber das brachte Cliff bei der eigenen Aufnahme dann noch einiges besser. (Die Maytals-, Slickers und Melodians-Beiträge zum Soundtrack waren im übrigen auch allesamt hochkarätiger als der von Dekker mit „007“.) Die Rolle des Jungen vom Lande, der es zum Pop-Idol bringen möchte, aber als Killer auf seinen Untergang zusteuert, war ihm offenbar auf den Leib geschrieben. Im wirklichen Leben schon auf dem besten Weg, es auf Dauer zum Star zu bringen (nämlich nach Ohrwürmern wie „Wonderful World, Beautiful People“ und seiner Cover-Version von Cat Stevens‘ „Wild World“, aber auch nachdrücklich gelobt von Dylan wegen „Vietnam“), traf er in rascher Folge mehrere falsche Entscheidungen. Von Chris Blackwells Island Records zu EMI zu wechseln, war doof, nachdem der Mann doch notorisch bessere Verbindungen auf der Insel hatte. Zum Islam überzutreten, war — sagen wir mal so — unklug, weil seiner Glaubwürdigkeit in der Rasta-Gemeinde alles andere als förderlich. Er fand später zwar immer wieder Firmen, die ihm Platten finanzierten, aber infolge von Selbstüberschätzung niemals mehr jemanden wie Blackwell, der seine Karriere sicher in weit eleganter geregelte und erfolgreichere Bahnen gelenkt hätte. Seinen letzten großen Hit hatte er mit einer ganz fabelhaften Interpretation von Johnny Nashs „I Can See Clearly Now“. Aber auch dafür war ein Film, nämlich der Sensationserfolg von „Cool Runnings“ verantwortlich, für dessen Soundtrack er diesen Evergreen noch mal aufgenommen hatte.

Der findet sich neben 43 (!) weiteren Aufnahmen auf dieser Doppel-CD in sogar noch besserem Remastering als auf der „Ultimate Collection“ von Hip-o. Die dadurch auch völlig überflüssig wird. Denn die Hits der frühen Jahre fehlen hier so wenig wie die Leslie Kong-Produktionen und sämtliche Aufnahmen des „THTC‘-Soundtrack. Sogar das uralte, von einem gewissen Sir Cavalier produzierte „I’m Sorry“ taucht hier auf, eine absolut bizarre bis hanebüchene Mischung aus Ska und butterweicher Country-Ballade. In seinen Anfängen war Jimmy Cliff — auch den anderen hier präsentierten Raritäten aus seinen Anfängen nach zu urteilen – ja tatsächlich jemand wie der kleine Ivan, der es mit Pop-Hits (viele offenkundig amerikanischen Vorbildern nachempfunden) zum internationalen Star bringen wollte.

Das mit der „Definitive Collection“ stimmt hier allerdings. Denn ein ungenannt bleibender Remastering-Ingenieur gab sich auch bei den für dies Set von EMI, Sony und BMG lizenzierten Aufnahmen redlich Mühe, die ganz prima klingen zu lassen – was gelungen ist.

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