Zweimal Hinhören lohnt sich beim Esbjörn Svensson Trio . Das akustische Klaviertrio verschreckt Puristen mit allerlei Effekten

„Strange Place For Show“? Seltsamer Titel für eine CD dreier Schweden, die vom „Downbeat“ als „hottest jazz act in Europe today“ gefeiert werden. Davor stand 2000 schon „Good Morning Susie Soho“ auf dem Cover, und ganz aktuell geht’s um „Seren Days OfFalling“. Klingt verdächtig nach Pop. Gilt aber als „a vision of what jazz could be“, so die „New York Times“. Auf den ersten Blick ein akustisches Klaviertrio, aber Dan Berglund hat seinen Kontrabass an Eflektgeräte angeschlossen, Schagzeuger Magnus Ostrom kann auch ohne Drum-Machine nach Jungle klingen, und Esbjörn Svensson betont: „Bei unseren Konzerten ist der Soundmann ähnlich wichtig wie die Bandmitglieder. Wenn wir ins Studio gehen, wird gefeilt wie bei einer Pop-Produktion. Wir wollen nicht einfach wie die meisten Jazzbands eine Momentaufnahme liefern von dem, was wir gerade auf der Bühne spielen.“ Ganz zu schweigen davon, dass – höchst suspekt für Puristen- live nicht nur Lichteffekte zum Einsatz kommen, sondern gelegentlich auch eine Nebelmaschine. Schließlich geht es statt um Clubgigs längst um Hallen, und in den USA waren E.S.T. im August ab Vorprogramm für k.d. lang auf Tour. Wie das? „Sie hat die gleiche Booking Agency wie wir, und als sie unsere CDs in die Finger bekam, wollte sie uns unbedingt dabei haben“, erzählt Dan. Obwohl die Schweden musikalisch beim experimentierfreudigen Keithjarrett der frühen 70er Jahre anknüpfen, haben Esbjörn Svenssons Kompositionen Popqualitäten – von der Hookline bis zur hypnotischen Wiederholung von Klängen, die süchtig machen. Manches ließe sich da als Single auskoppeln.

Von Hendrix bis Square Pusher reichen die Einflüsse, von Techno bis Kontrapunkt, und eine Thelonious Monk-CD haben E.S.T. auch schon abgeliefert, auf der sie „I Mean You“ oder „Bemsha Swing“ bemerkenswert locker gerecht wurden. Das war Mitte der 90er Jahre, als Esbjörn noch als Hippie mit Stirnband am Klavier saß, bevor er sich später dem kahlköpfigen Dan anglich. Weil E.S.T. ähnlich aufeinander eingeschworen sind wie Medeski, Martin und Wood, weil für sie die Band zählt, der lustvolle Minimalismus und nicht das auftrumpfende Solo, werden die tapferen Groove-Musketiere ihrem Ding wohl noch lang treu bleiben – zu irritieren weder durch skeptische Hardcore-Jazzer noch durch das immer häufigere Auftauchen in den Pop-Charts, besonders in ihrer Heimat. Abseits von Akademiker-Ausbildung und großen Labels haben sie ihre Vision verwirklicht: hypnotischer Klavierjazz für ein bunt gemischtes Publikum.

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