Ilene Barnes – Time

Ein klarer Geisterscheider, der androgyne Gesang der in Paris lebenden Sängerin Ilene Barnes, die mit ihrer tiefen Stimme an Tracy Chapman und Nina Simone erinnert, gelegentlich aber auch an Murray Head, David Bowie oder Ben Harper. Nicht weniger vielfaltig die Biografie der in Detroit geborenen Ein-Meter-90-Frau: afro-indianische Herkunft mit irischem Einschlag, aufgewachsen in Surinam, Barbados und Jamaica, dann Theater- und Tanz-Studium, vor vier Jahren schließlich das erste Album „Set You Free“.

Und nun also ihr konzeptionell ambitioniertes Ticktack-Opus, bei dem nur eines berechenbar scheint: Ständig geht es um das Phänomen Zeit, wird nicht ohne Klischees – räsoniert, ob es gut tut, mit ihr umzugehen, als wäre sie reichlich vorhanden. Wer mit Botschaften a la „stand on your own two feet and make a choice today“ im Gepäck „Where are we going?“ fragt, der scheut auch musikalisch nicht das Pathos der Aufrechten. Aber Ilene entwickelt dabei ganz eigenen Stil, eine strenge Chansonette mit warmer Stimme und einfallsreichem Repertoire irgendwo zwischen Soul und Latin-Folk, Rock-Bombast und Pop-Eingängigkeit.

Schräge Saxofon-Einsprengsel, subtile Balladenschlichtheit, provokant nervender Lala-Kinderchor: Diese Künstlerin will es niemandem recht machen.

Dir kompetenter Eigensinn, diesmal dezent gemildert durch mehr Rumba-Nähe und Tango-Klang als auf „Set You Free“, dürfte ihr trotz gelegentlichem Nervpotenzial einen Ehrenplatz sichern zwischen den häufiger besetzten Stühlen der Singer/Songwriter-Szene. Alles nur eine Frage der Zeit.

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