Birgit Fuß fragt sich durch: Hat Kid Rock uns Lynyrd Skynyrd nachhaltig verdorben?

Bleibt die Musik von Lynyrd Skynyrd trotz der Südstaatenfaggen-Schwingerei hörenswert?

Als vor einigen Wochen der Gitarrist Gary Rossington, letztes Gründungsmitglied von Lynyrd Skynyrd, starb, wunderte ich mich, wie vielen Menschen da nur „Sweet Home Alabama“ einfiel und sonst nichts. Anscheinend ist etwas in Vergessenheit geraten, dass die Band mindestens zwei großartige Alben gemacht hat – und damit bereits legendär war, bevor sie in die Geschichte einging als eine dieser Bands, denen das Schicksal in die Quere kam: Bei einem Flugzeugabsturz starben 1977 Sänger Ronnie Van Zant, Gitarrist Steve Gaines und seine Schwester, Backgroundsängerin Cassie Gaines – ironischerweise nur wenige Tage nach der Veröffentlichung ihres fünften Albums, „Street Survivors“. Die anderen überlebten schwer verletzt, Lynyrd Skynyrd war erst mal erledigt. (Ende der 80er-Jahre machten sie mit Ronnies jüngerem Bruder Johnny Van Zant weiter, und als ich sie 1992 in London sah, weinten sehr viele sehr erwachsene Männer, als sie wieder das epische „Free Bird“ spielten.)

Die beiden Alben, die bleiben werden, sind das Debüt, „(Pronounced ’Lĕh-’nérd ’Skin-’nérd)“ (1973), und der Nachfolger, „Second Helping“ (1974). Sie hatten den Blues („Tuesday’s Gone“), konnten – auf sehr männliche Art freilich – lustig sein („Gimme Three Steps“) und feierten das einfache Leben („Simple Man“). Stampfende Rocksongs lieferten Lebensweisheiten („Don’t Ask Me No Questions“), und mit drei Gitarristen und einem Keyboarder mwar ihr Sound einfach eine Wucht.

Die Missachtung von Lynyrd Skynyrd hat wahrscheinlich damit zu tun, dass sie die Südstaatenband schlechthin sind – und also immer mit stumpfer Flaggenschwingerei assoziiert werden. Vielleicht liegt es daran, dass ich in Bayern aufgewachsen bin, also quasi in den Südstaaten Deutschlands, aber uns störte das Ding kaum. Freilich hatte ich schon „Fackeln im Sturm“ gesehen und wusste, dass das von uns euphemistisch „Südstaatenflagge“ genannte Symbol eigentlich eine Kriegsflagge war, die im Amerikanischen Bürgerkrieg von denen gehisst wurde, die für die Sklaverei waren, und später auch gern vom Ku-Klux-Klan. So genau interessierten sich die meisten zumindest in Deutschland allerdings nicht dafür. Da war die Dixie Flag einfach Folklore.

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Außerdem war es vielleicht nicht die beste Idee von Lynyrd Skynyrd, in ihrem größten Hit Neil Young anzugreifen, weil er sich auf „Harvest“ ungünstig über die Südstaaten geäußert hatte, aber aus heutiger Sicht, HipHop-Gedisse gewohnt, kommt einem das Gestänker fast putzig vor. Und Young reagierte damals souverän, outete sich als Ronnie-Van-Zant-Fan und behauptete, er fühle sich „geehrt“.

Leider hat dann noch ausgerechnet Kid Rock „Sweet Home Alabama“ gekapert, 2007 für „All Summer Long“ (in dem auch Warren Zevons „Werewolves Of London“ verwurstet wird). Es wurmt mich bis heute, wie clever er das gemacht hat – mehrfach ertappte ich mich beim Mitsingen. Nun kommt Kid Rock aus Michigan, er könnte jedoch gut ein Redneck aus dem
hintersten Alabama sein: Er liebt Waffen, hasst die „Wokeness“ und unterstützt natürlich Trump. In dem Lied erinnert er sich an seine Jugend in Michigan: „It was 1989, my thoughts were short, my hair was long“ – und das ist bis heute so geblieben. Auf Twitter war Kid Rock gerade zu sehen, wie er BudLight-Dosen zerschießt, weil der Hersteller mit einer TransgenderInfluencerin kooperiert. So dumm wäre Ronnie Van Zant nie gewesen.

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Wie sang der in „The Needle And The Spoon“? „I’ve seen a lot of people who thought they were cool/ But then again, Lord, I’ve seen a lot of fools.“

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