„Hallelujah“: Der Song, der Leonard Cohen überlebte

Egal wo sich Leute versammeln, um zu feiern oder zu trauern – „Hallelujah“ ist immer schon da.

Er habe das Lied in die säkuläre Welt stoßen wollen, erklärte Cohen später in einem Interview. „Ich wollte zeigen, dass ‚Hallelujah‘ auch aus Dingen entstehen kann, die nichts mit Religion zu tun haben.“ Nicht nur sein Song hatte sich aus den Fesseln der Religion befreit. Cohens Karriere hatte durch das wieder weltweit auf Columbia erschienene „I’m Your Man“ und die durchaus modern klingende Single „First We Take Manhattan“ Fahrt aufgenommen. Das französische Pop-Magazin „Les Inrockuptibles“ feierte die Cohen-Renaissance mit dem Tribute-Album „I’m Your Fan“, auf dem Künstler:innen aus Post-Punk und Indie-Rock den von der Punk-Generation seinerzeit noch quasi gecancelten Cohen ehrten: Nick Cave, R.E.M., Pixies, Robert Forster, Lloyd Cole. Cohen-Intimus Ratso Sloman war gefragt worden, ob er noch jemanden kenne, der etwas beitragen könne. Ihm war gleich John Cale eingefallen, mit dem er in den Achtzigern Songs geschrieben hatte und von dem er wusste, dass er Cohen verehrte. Cale war gleich Feuer und Flamme gewesen und hatte einen Song covern wollen, der ihn bei einem Cohen-Konzert im New Yorker Beacon Theatre einige Jahre zuvor komplett umgehauen hatte: „Hallelujah“. Sloman erklärte ihm daraufhin, dass Cohen das Lied seit der Albumveröffentlichung stark umgeschrieben habe.

„Ich rief Leonard an und bat ihn, mir den kompletten Songtext zu schicken, und es waren eine Menge – fünfzehn Strophen“, erinnerte sich Cale später. „Es war eine lange Rolle Faxpapier. Und dann habe ich die Strophen ausgewählt, die wirklich zu mir passten. Einige davon waren religiös, und niemand hätte mir geglaubt, wenn sie aus meinem Mund gekommen wären. Ich habe die cheeky ones ausgewählt.“
Das stimmt allerdings nicht so ganz. Denn Cale behielt die König-David-Strophen bei, wechselte dann zu Cohens säkularisierten Versen und schnitt die hoffnungsvolle letzte Strophe ab. Durch ein paar kleine, aber entscheidende Veränderungen strich er jegliche Demut aus den Zeilen und ließ sie unerbittlich klingen. „And it’s not a cry that you hear tonight/ And it’s not somebody who’s seen the light/ No, it’s a cold and it’s a broken Hallelujah!“ Cale nahm also für das Tribute-Album ein Lied auf, das Cohen so nie gesungen hatte. Es war ein Song, in dem die Welt und das Reich Gottes unvereinbar schienen. Die Trauer und Verzweiflung in Cales Stimme machten mehr als deutlich, dass dieser Mann nicht daran glaubte, dass am Ende alles gut ausgeht. Dieses „Hallelujah“ ist ein enger Verwandter zu Cales „Fear Is A Man’s Best Friend“: „Life and death are just things you do when you’re bored/ Say fear’s a man’s best friend/ You add it up, it brings you down.“

In dem Jahr, in dem „I’m Your Fan“ erschien, arbeitete der New Yorker Impresario und Produzent Hal Willner mit den Kuratorinnen Janine Nichols und Susan Feldman an einer ganz ähnlichen Hommage für Tim Buckley: einem Konzert in der St. Ann’s Church in Brooklyn Heights, bei dem Künstler wie Richard Hell, Eric Andersen und Syd Straw Lieder des 1975 verstorbenen Songwriters singen sollten. Willner nahm Kontakt zu Buckleys ehemaligem Manager Herb Cohen auf, und der sagte: „Du weißt schon, dass er einen Sohn hat, oder?“ – „Ist der gut?“, fragte Willner. „Besser als sein Vater“, sagte Cohen.

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