„Hallelujah“: Der Song, der Leonard Cohen überlebte

Egal wo sich Leute versammeln, um zu feiern oder zu trauern – „Hallelujah“ ist immer schon da.

Auf dem millionenfach verkauften „Shrek“-Soundtrack sucht man Cale übrigens vergebens. Bei DreamWorks entschied man, darauf nur Küntler:innen zu veröffentlichen, die beim eigenen Label unter Vertrag standen – und so singt Rufus Wainwright eine sanfte Belcanto-Version (inklusive Sex). Sie wurde zum Blueprint für viele ambitionierte Sänger:innen der Generation „Shrek“, die in den folgenden Jahren bei Castingshows auftraten und maximales Drama wollten. Die britische „X Factor“-Gewinnerin Alexandra Burke etwa landete mit dem Song 2008 in ihrer Heimat einen Weihnachts-Hit. Empörte Buckley-Fans, die verhindern wollten, dass die Gesangsathletin mit ihrer puderzuckrigen Version (ohne Sex) die britischen Charts anführte, kauften in Online-Shops wie wild die „Grace“-Version, Connaisseure luden sich Cohens Original herunter. Doch vergeblich – Burke gewann und stellte einen Rekord auf: In den ersten 24 Stunden verkaufte sich ihre Version 105.000-mal, Buckley landete abgeschlagen auf Platz 2, Cohen grüßte lächelnd von Platz 36. „Hat mich natürlich gefreut, dass der Song noch gecovert wird“, kommentierte er den Erfolg. „Aber ich finde, man sollte ihn eine Weile nicht mehr singen.“

Ob er an der Popularität von „Hallelujah“ mehr verdient hat als späte Genugtuung, ist nicht ganz klar, denn seine langjährige Managerin Kelley Lynch hatte die Rechte an vielen seiner Lieder ohne sein Wissen nach und nach verkauft, seine Konten geplündert und mehr als fünf Millionen Dollar aus seinen Pensionsfonds veruntreut. Eines Tages ging er zur Bank, und es war kein Geld mehr da. Er verklagte Lynch und bekam vom Gericht auch neun Millionen Dollar zugesprochen, doch die Ex-Managerin ignorierte die Klage, und die Millionen hatte sie auch nicht. Derweil verlangten alte Geschäftspartner Geld vom klammen Cohen, und er war gezwungen, fünfzehn Jahre nachdem er sich aus dem Konzertgeschäft zurückgezogen hatte, um seine Zeit in einem buddhistischen Kloster zu verbringen, wieder auf Tour zu gehen.
Ende Juni 2008 spielte er eines seiner ersten Konzerte vor über hunderttausend Menschen beim Festival im englischen Glastonbury.

Natürlich sang er auch „Hallelujah“. Diese Live-Aufnahme des Songs, den Columbia einst abgelehnt hatte, eröffnet die bereits erwähnte, gerade erschienene Best-of „Hallelujah & Songs From His Albums“. Man hört den Song in der Version, die John Cale einst zusammengestellt hatte, erweitert um die hoffnungsvolle letzte Strophe des Originals: „I did my best, it wasn’t much/ I couldn’t feel, so I learned to touch/ I’ve told the truth, I didn’t come all this way to Glastonbury to fool ya“, singt Cohen und die Menge jubelt. Doch selbst wenn alles schiefgehe, versichert er, werde er am Ende mit nichts als einem Halleluja auf der Zunge vor dem Lord of Song stehen – einem Gott, der sich also sehr wohl etwas aus Musik macht. Am 7. November 2016 holte der Allmächtige den Songdichter dann tatsächlich zu sich. Sein Lied aber ließ er weiterleben.

Michael Putland Getty Images
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