Michael Stipe bediente sich für R.E.M. großzügig bei Leonard Cohen

Der Sänger von R.E.M. im ROLLING-STONE-Gespräch über Ideenklau und Leidensfähigkeit.

Michael Stipe hat kein Problem damit, zwischendurch ein bisschen zurückzublicken. Seine Band R.E.M. hat sich 2011 aufgelöst, seitdem arbeitet er an vielen anderen Projekten und auch immer noch an seinem Solodebüt, doch die Jubiläums-Ausgaben der alten Alben machen ihm Spaß.

Zuletzt war „Up“ dran, das elfte Werk von R.E.M. Die „25th Anniversary Edition“ kommt in einer neuen Farbe daher und mit einem Bonus-Auftritt der Band bei der Fernsehserie „Party Of Five“ von 1999.

Ein Song von „Up“, den sie dort nicht spielten und überhaupt nur sehr selten live, ist „Hope“. Dabei mag der Sänger das Stück sehr – er gibt allerdings auch zu, dass es völlig richtig war, dass sie nach kurzem Überlegen Leonard Cohen einen Co-Writing-Credit gaben. Er muss sogar lachen, als er daran zurückdenkt, dass er kurzzeitig glaube, es merkt niemand, was das Stück nicht ganz originell ist : „Ich habe das total geklaut! Ich wusste es. Ich liebe allerdings den Rhythmus von ,Suzanne‘ so sehr, ich konnte nicht anders. ,Hope‘ ist natürlich ein ganz anderer Song, aber ich musste schon Leonard um seine Erlaubnis bitten.“

Keine Copyright-Bedenken

Grundsätzlich geht Stipe recht entspannt mit der Copyright-Frage um – er selbst hat kein Problem damit, wenn ihn fremde Lieder an sein eigenes Werk erinnern: „Popmusik ist ein sehr begrenztes Feld, also werden natürlich Sachen wiederholt, und das eine hört sich wie das andere an. Leute klauen Kram, bewusst oder unbewusst. Ich habe mich immer geehrt gefühlt, wenn ich bei einem Song von anderen Bands denke: Die haben offensichtlich sehr viel R.E.M. gehört … Mich freut das.“

Beim „Party Of Five“-Gig klingen R.E.M. überraschend gut gelaunt, Stipe scherzt viel, und nichts deutet darauf hin, dass die Band gerade eine schwere Zeit im Studio hinter sich hatte. Wie hat sich der Sänger damals an schlechten Tagen auf Auftritte vorbereitet? Wie geht man trotzdem auf die Bühne, auch wenn man sich mies fühlt?

Stipe lacht schon wieder: „Well, you get over yourself! Man ist als Entertainer, als Performer da, das wird erwartet. Vielleicht ist man sogar eine Art Vorbild, eine öffentliche Figur, was auch immer. Auf jeden Fall repräsentiert man nicht nur sich selbst, sondern ist Teil eines Ganzen. Also muss also sein Ego zur Seite legen und sich sagen: Das ist mein Job, und ich mache ihn so gut wie möglich. Auch wenn ich mich gerade nicht so toll fühle, auch wenn ich eine Erkältung habe oder schlecht geträumt. I am going to make this work. Und dann geht es auch.“

Mehr aus den Interviews mit Michael Stipe und Mike Mills lesen Sie in der Dezember-Ausgabe des ROLLING STONE.

rs
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