Im Auge des Taifun

Er gibt gerne zu, größenwahnsinnig zu sein und genießt seine Rolle als das Enfant terrible unter den Industrie-Designern. Aber wer von ii li sagen kann, Japans Produkte stilistisch geprägt zu haben, der darf sogar behaupten, daß die europäischen Kollegen ihr Publikum verblöden würden. mi sind die Chinesen scharf auf Colani und haben ihn mit Professur und Lehrstuhl geködert, Er soll ihnen auf der Insel Chongming "die Stadt der Zukunft' 4 bauen.

SHANGHAIT HABEN SIE IHN, DIESE CHINESEN, gekapert per Professur mit Lehrstuhl an der renommierten’Ibngji Universität in Shanghai. Auf der Insel Chongming im Delta des Jangtse-Flusses soll ihnen Colani nichts Geringeres bauen als die Stadt der Zukunft. Aber wehe, wenn wir Colani unwiederbringlich los sein sollten. Und „auwei“ geschrien, bliebe er uns erhalten. Im ersteren Fall sehen wir wirtschaftlich die aufgehende Sonne nicht mehr – doch die küßt ohnehin in China den Horizont vor unserer Zeit. Im letzteren werden Politikern, Wittschaftsbossen und Designerkollegen die Ohren im Colani-Taifun nur so dröhnen – falls sie ihre Lauscher nicht alsbald vom Meister aerodynamisch neugestalten lassen. Wie wär’s mit redesignten Kanzlerohren zur wahlweisen Rettung Deutschlands, Europas oder Südostasiens?

Ort der Szene: Colanis großzügig und lichtdurchflutet gestaltetes Büro in Köln-Fühlingen. Zu früher Morgenstund ist der drahtige 68jährige Maestro in Hochform, strahlt Gelassenheit und die natürliche Überlegenheit eines alltimegreal aus. Nur unterbrochen von ruhigen Zügen an der Havanna gibt sich Colani analytisch, spontan, in vielen Kommentaren durchaus fair, läßt es allerdings richtig qualmen, gerät er in den ihm heiligen Zorn. Stachelig wie ein Kaktus wird die Zunge, erregt sich der geborene Berliner Lutz Colam in kompromißlosem Aufstoßen über Tatbestände, die nicht die weichgerundete Aerodynamik seines Schaffens aufweisen.

Design hat Colani wie kein zweiter in Deutschland populär gemacht. Daß seine Kollegen und in letzer Zeit auch sprachlich recht bildhafte Massenmedien ihn dafür schätzen, verehren gar, läßt sich hingegen auch besten Willens nicht behaupten. Was sagt der Design-Zampano zu Anwürfen wie „rundgelutschtes Design“, gern auch ab „die Windeier des Herrn Colani“ bezeichnet?

„Zunächst einmal: Man muß dem einzelnen Journalisten die Freiheit lassen, sich zu qualifizieren oder zu disqualifizieren. Glücklicherweise haben wir eine noch freie Presse. Ich gebe Antworten aufgestellte Fragen, wenn ein Journalist zu mir kommt. Stellt der dämliche Fragen, kommen da dämlichere Antworten heraus. Läßt der Freiräume und läßt auch sein Gegenüber die Dinge entwickeln, passiert da wesentlich mehr!“

Was formt denn ein Designer zuerst, sich selbst oder das Objekt?

„Der fängt garantiert bei sich selbst an. Und zwar in frühster Jugend schon. Er ist ja ein Kreateur, einer, der sich täglich im Spiegel sieht und sagt, die Neese jefällt mir nich, oder det Ding, wat meine Mutter mir jekooft hat Er fangt also an, an sich herumzugestalten lange bevor der weiß, daß er Designer ist Er hat einen gewissen innewohnenden Geschmack. Bei mir hat der eine ganz klare Herkunft: Meines Vaters Seite kommt aus der Südschweiz, aber da sind die nur für zwei Generationen gewesen. Ursprünglich kommt die Familie aus Kurdistan, aus dem Nordirak. Daher meine orientalische, erotisch-schlaufige Formensprache. Das ist arabisches Design, was ich mache, sumerisches Design. Meine Urwurzeln liegen im Nahen Osten, auf der Hälfte zwischen China und Europa. Ich reite also keine Masche, die anders aussehen soll als die Arbeiten der Leute, die meinen, heute Design machen zu können.

Meine Eltern haben mich seit frühster Kindheit darin bestärkt. Mein Vater, Filmarchitekt in Babelsberg und ein toller Mann, dem ich heute noch nicht das Wasser reichen kann, hat mich förmlich auf die Fährte gejagt, die er als meine Stärke erkannt hatte: ,Geh hin und mach unter Tränen Deinen Scheiß alleine!‘ Mit fünf war ich bereits ein perfekter kleiner Bildhauer. Ich habe nie am Kunst- und Werkunterricht teilnehmen brauchen, weil ich mehr konnte ab meine Lehrer.

An der Berliner Hochschule für Bildende Künste hielt ich es nur drei Semester aus. Die Professoren konnten mir nichts beibringen in Sachen Bildhauerei und Freier Malerei. Also ging ich nach Paris, um dort mehr zu lernen. Vor allem abet, um das Fach Aerodynamik zu studieren.“

Lutz Colani ist aufgewachsen in Berlin-Johannestal, in direkter Nähe des Versuchsflughafens der deutschen Luftwaffe. Dort konnte er „die wildesten Flugzeuge mit den wildesten Stromlinienformen der damaligen Zeit“ erleben und war bereits ab kleines Kind „versaut bis in die Knochen mit Aerodynamik“.

„Ich war also in Paris, hatte jedoch kein Geld, und Stipendien, zumal für Deutsche, wurden kurz nach Kriegsende nicht vergeben. So ging ich in eine der Kohlenminen Nordfrankreichs. Da hab ich ein Jahr in tausend Meter Tiefe als Kumpel jearbeitet und jeden Pfennigjespart Damit stieg ich in mein Studium ein.

Und hab dann eine Karriere gemacht Rasant! Zeichnungen für alle Titelseiten der französischen Motorwelt Parallel dazu Artikel über Aerodynamik verfaßt die in alle Welt gingen. Am Tag meines Ingenieursexamens warteten vor der Sorbonne zwei amerikanische Gentlemen mit Schlapphut auf midi: ,Are you Mr. Colani?* 14 Tage später fand ich mich in Los Angeles als Chef einer Experimentalabteilung der Flugzeugfirma Douglas wieder. Fortan konstruierte ich in Kalifornien Leitwerke und war der erste überhaupt, der im Flugzeugbereich Kunststoffe einsetzte.“

Auch die Franzosen schienen dem Colani-Fieber verfallen. 1954 riefSimca in Erreuxden neuen Messias der Aerodynamik Colani revanchierte sich mit einem Prototyp des ersten Kunststoffwavens Europas.

„Wer kann schon ein Flugzeug finanzieren? Deshalb bin ich den Weg des geringeren Widerstands gegangen, bin ranjegangen an die kleeneren Dinger, die Autos, die ja auch Aerodynamik benötigten. Steckte alles noch in den Kinderschuhen. Selbst Porsche hat damals mit seinem Spider nur Schrott jebaut“

Im weiteren Verlauf mauserte sich Lutz Colani gemeinsam mit einer Berliner Tuninggarage zum Alfa-Friseut Ab 1957 sein aerodynamisch gestylter Alfa Romeo den Nürburgring unter zehn Minuten meistert – damals fast Formel-1-Zeit -tauft sich Lutz zur Feier des Tages in Luigi um.

„Mein Studium der Aerodynamik macht meine ganz besondere Stellung unter all den Designern dieser Welt aus.

In puncto Design haben zunächst die Italiener die Nachkriegszeit beherrscht – sagen wir maL von 1946 bis in die 60er Jahre. Dann begann der Norden, und zwar insbesonders Deutschland, das Design zu intellektualisieren.“

Sie spielen an auf die Ulmer Hochschule für Gestaltung? Und auf das damals revolutionäre Industriedesign der Firma Braun?

„Ulm hatte sich auf ein Pferd gesetzt das bis zu den Nüstern im Wasser stand: das Bauhaus – zu seiner Zeit eine wunderbare Entwicklung für freiheitliches Denken auf allen möglichen Gebieten der Kunst der Architektur und des Designs. Das war eine göttliche Zeit, bis sie verboten wurde. Ulm hat diese Bauhaustendenz, die seinerzeit sehr positiv war, aufgegriffen und bis ins Nachkriegsdeutschland herübergerettet. Aber: Eine solche

Strömung weiterzufuhren, die seinerzeit mit dem vorhandenen Design aufräumte, sich dann später jedoch nicht zur Verfugung stellen konnte, um zu sagen, okay, jetzt ist meine Zeit abgelaufen, das ist die Fehlleistung des Bauhauses durch Ulm. Auch das Braun-Design war ein Wiederaufwärmen dieser Bauhausgeschichte.

Jedenfalls hat Italien auf Grund der erwähnten Inteüektualisierung des Designs sukzessive an Boden verloren und vegetiert heute auf einem ,all time low‘ dahin. Da sind jetzt solche Leute am Werk wie Alessi, und auch der Franzose Philippe Starck verfolgt diese Richtung, die modische Tendenzen nach vorn zerren und sich einen Scheiß um Funktionalität und Menschenfreundlichkeit kümmern.“

Der Meister wird sichtlich und hörbar warm. Erinnernd an die Replik des Colani-Horch mit zwölf Zylindern und 900 PS bollert sein Auspuff nicht weiter friedlich vor sich hin, sondern röhrt fortan nur so vor Potenz.

„Design ist ein Diensdeistungsgewerbe, das einen Stuhl dem Arsch des Menschen anzupassen hat. Und bei ’ner Tasse sollte der Finger in den Henkel reingehen. Meine Dinge zeichnen sich aus durch sinnvolle und ernsdiafte Recherche am Produkt. Leider ist das Publikum durch diese Leute beinahe verblödet worden. Es ist höchste Zeit, wieder sinnvolles und fortschrittliches Design in den Vordergrund zu stellen, das dem Menschen dient, und nicht einen Menschen berühmt macht, weil er schräge Formen schafft, bei denen die Unfalldunkelziffern Legion sind!

Die heutige Designszene, die meint dieses Medium zu beherrschen, konnte nur groß werden, weil ich hier durch meine zehn Jahre in Japan aus dem Verkehr jezogen war! Ich habe Ostasien aufgemöbelt, beherrschte dort die jesamte Szene, habe die Japaner stark gemacht, die Europa fast mit soften Formen erwürgten. Die alle von mir sind!

Canon, Sony, Mazda, die gesamte Automobilund Softdesignszene, die Biodesignszene Japans, ist Colani! Ich hatte ein Riesenbüro drüben in Tokio mit über 100 Leuten, die nur Colani verscheuert haben. Und diese Zeit hat hier eine zweite und dritte Garnitur genutzt, um der Ernsthaftigkeit dessen, was ich unter Design verstehe, durch modische Tendenzen als selbstabgefeierte Novität den Rang abzulaufen.“

Wie etwa das erste Carbon-Fahrrad der Welt, das er vor zehn Jahren entwickelte und dessen Prototyp bei Raleigh prompt in Serie ging.

Jetzt bin ich oft in China, hab da ’ne Professur bekommen. Diese Leute haben in den Jahren, in denen ich in Japan wai; sehr genau über den Zaun jekiekt, den Mao um China errichtet hatte.“

Colani ist im Begriff, «n China zu wühlen – um Europa zu warnen. Und um auf die wesentlich größere wirtschaftliche Gefahr aufmerksam zu machen, die das Riesenreich China im Gegensatz zum Inselstaat Japan darstellt Japan ist ein Winzling, gemessen an China. Die Chinesen nennen die Japaner ,die Affen auf dem Felsen‘. Gerade um Shanghai tobt schon seit Jahrtausenden ein gewaltiger geistiger Taifun an Auseinandersetzung mit der jeweiligen Zeitepoche. Nach Gesprächen mit seiner Eminenz, dem chinesischen Botschafter in Bonn, dem chinesischen Innenministerium, dem Zentralkommittee der chinesischen KP und auch den Distriktkommissaren der Insel Chongming sagte der Oberbürjermeister von Shanghai: , Wir haben die alten Kaiserstädte entwickelt, nun sollten wir dies Wahnsinnsexperiment mitmachen und die erste humanoide Stadt der Menschheitsgeschichte bauen.“‚ Sie bauen diese Stadt in Form eines weiblichen Körpers. Wieso nicht männlich?

„Da gibt es zwei Antworten. Eine etwas trivialer: Da ich ein Kerl bin, hab ich ein Weib genommen, da mir das ästhetischer erschien. Doch die ernsthaftere Antwort ist die: Aus dem Unterleib der Frau lasse ich ein kleines, menschenkindähnliches zweites Städtchen heraustreten. Die Fehler, die ich in der ersten Stadt mache – mit Sicherheit machen werde! – werden in diesem neuen Embryo vermieden und sich in dieser Zweitstadt niederschlagen, die wir dann später bauen.“

Colani-City ist konzipiert für ca. 15 000 Einwohner. Dazu zählen zunächst die Chinesen, deren Dörfer der Stadt weichen müssen. Außerdem sollen dorthin Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt eingeladen werden, um Wohnungsbau und Städteplanung von morgen zu eruieren und zu erwohnen. Was gut ins Konzept paßt: die Insel Chongmin ist grün und hat keinerlei Industrie.

„Diese Stadt wird mehr Energie erzeugen, als sie verbraucht. Durch Windkraftwerke, durch Solarpaneele, die die gesamte Stadt umrunden und durch Wasser. Da die Stadt 30 Meter unterhalb des pazifischen Meeresspiegels liegt, wird sie durch das Umpumpen von Wasser zusätzlich mit Riesenmengen Energie versorgt.“

Eine Energie, die laut Colani schon jetzt auf den gesamten südostasiatischen Raum abstrahlt „In wenigen Wochen krieg ich ’ne Professur in Hanoi, in Nordvietnam, wo die gesamten Minister aus der ehemaligen DDR studiert haben. Mit denen sprech ich fließend sächsisch. Die sind alle in Leipzch und Dräsdn zur Uni gegangen. Diese Leute haben begriffen, das jemand wie ich dazugehört, wenn Länder einen Sprung nach vorne machen. Ich bin die südostasiatische Designerpersönlichkeit geworden!

Ist das nicht eine Scheiße?! Angesichts dessen, daß wir in Deutschland immer mehr Schwierigkeiten bekommen, uns gegen deren Infiltration und wirtschaftliche Macht zur Wehr zu setzen!

Ich stehe vor einer großen Gewissensfrage. Dort bauen sie mir goldene Brücken, wollen mir ein Forschungszentrum einrichten und stellen mir die Frage, was ich haben möchte, wenn ich mich in Peking ansiedle und sämtliches chinesisches Design über den Colani-Tisch zu gehen hat. Damit

der Begriff,Made in China‘ zu einem Qualitätsbegriff wird wie ,Made in Germany‘.

Und wenn Colani dieses Angebot akzeptiert, dann kann hier aber die Industrie die Türen zumachen! Dann mach ich Europa breit! Zum Teilefertiger für China! Wenn ich da rüber gehe, laß ich in Europa die Lichter ausgehen!“

Nun, da der Colani-Taifun gerade so schön tobt, drängen sich Fragen zur Neugestaltung Berlins an den Städtebauer der Zukunft nachgerade auf.

„Es ist erschütternd, wie sehr die Verantwortlichen unter dem Druck des Kapitals und privater Machenschaften das Stadtbild total vergessen und irgendwelchen Mist hinbauen. Viele architektonisch Gebildete gibt es ja dort nicht, die mitreden könnten. Und es ist ja kaum ein Berliner dabei. Das sind alles Zugereiste und von draußen Rangekommene, die da heute das Sagen haben. Die sind irgendwie Modearchitekten geworden und kümmern sich einen Scheiß darum, diese Stadt wieder zu dem zu machen, was sie einmal war: Ein Treffpunkt von Wissenschaftlern und Literaten, der da die große Humusschicht bildete, auf der die großen Köpfe unserer Zeit entstehen konnten, die heute noch Nachwirkung zeigen,“

Nun gab es ja in den 30er Jahren einen Plan von Hitler und Speer, Berlin zu einer Art Rom des Kaiser Augustus umzugestalten. Ein Politiker hegte gewissermaßen architektonisch-designerische Ambitionen. Heute reden unser momentaner Kanzler Kohl und andere Bonner Größten als Bauherren auch mehr als nur ein Wörtchen mit. Sehen Sie hier eine gewisse Parallele?

, ,Das ist eine absolute Parallele. Nur folgten die Architekten der damaligen Zeit den größenwahnsinnigen Vorstellungen eines Diktators, der ja ooch keen Berliner war. Det war’n Österreicher. Es ist ein Glück, daß dessen supervisionäre Pläne nicht zur endgültigen Ausführung gelangten.

Nur: das Heutige ist in gewisser Hinsicht viel schlimmer. Von der architektonischen Ausformung her, nicht von der politischen. Heute wird nur noch mit Kohle rumgeschoben. Der Steuerzahler wird dort mit Milliardenbeträgen hinters Licht geführt und dann mit McDonald’s und Kentucky Fried Chicken abgespeist. Vor ein paar Tagen habe ich noch mit Maxe Schmeling gesprochen, der auch sagte,Hör mir bloß auf. Was da passiert, ist eine Schande für die Weltarchitektur! Die sollten sich mal nach Warschau begeben. Da könnten wir eine Lektion in Städtebau lernen. Die Polen haben die Stadt wiederaufgebaut, wie sie mal war. Eine echte Wiedergutmachung von Kriegswunden. Was erleben wir in Berlin? Den gnadenlosen Kniefall vor dem Kapital einiger weniger. Berlin verkauft sein Gesicht Berlin macht sich zur Hure.“

Sprechen wir von Berlin, sind die neuen Bundesländer nicht weit. Ihr TV Soßline Tower, der dahinten in der Ecke steht, entworfen für die Straßfurter Firma RTF, erwies sich nicht als Verkaußgranate, sondern als Rohrkrepierer. Worauf führen Sie das zurück?

„Das ist eine längere Story. Und zwar: RTF, ein früherer volkseigener Betrieb, war im Begriff, Pleite zu gehen. Dieser Softüne Tower dahinten, das ist eigentlich ein Vorläufer gewesen. Jedenfalls kamen die RTF-Leute zehn Tage vor der IFA Berlin zu mir und haben gesagt: ,Colani, wir wollen uns retten. Was können wir tun? Für die Messe ist es zu spät.‘ Da habe ich gesagt: Erzählt keine Märchen und gebt nicht Antworten für Colani. Schafft mir lieber einen eurer Bildschirme rüber. Innerhalb von acht Tagen habt Ihr einen Fernseher, mit dem Dir auf der IFA Remmidemmi machen könnt.

So geschah es. Und das war diese Eintagsfliege. Wir hatten den größten Presserummel aller Zeiten um ein Fernsehgerät. Und haben damit tausende von Wiederverkäufern in einen Pool zusammenfassen können, für die ich dann einen anderen Fernseher entwickelte, der in Serie ging und auch jetzt noch verkauft wird. Und dieser Fernseher war die große Sensation der darauffolgenden IFA. Wir hatten die beste Technik der Welt drin. An der Technischen Hochschule Aachen ist er unter 300 Konkurrenten – unabhängig von uns – für das beste Bild der Welt ausgezeichnet worden. Und dann meine Form dazu!

Das war ein hochgefährlicher Konkurrent, der auf dem Markt da aufzustehen begann. Und Philips, Grundig, Metz und alle, die in Deutschland noch so ein bißchen am Fernsehgeschehen mitwurschteln, die haben jesacht: .Der Konkurrent muß abgewürgt werden.‘ Und haben die Banken begeiert. Und die Banken haben RTF trotz voller Auftragsbücher nicht mehr die 40 oder 50 Mio für die notwendige Werbekampagne zur Verfügung gestellt An dem, was Philips da jetzt mit Grundig macht, können Sie ersehen, was für Machtkämpfe hinter der Gardine vor sich gehen. Und da steckt möglicherweise über sechs Ecken Philips dahinter. Das kann man zwar nicht beweisen, aber dieser böse Konkurrent Colani/RTF mit dem technisch besten Einhunderthertz-Gerät der Welt, mit dem brillantesten Bild! Da haben die nie Gebrauch von gemacht, diese Leute! Die (RTF) sind dann kaputtgegangen. Habe vor kurzem erfahren, daß sie in einer Auffanggesellschaft trotzdem noch weitermachen und das Gerät mehr schlecht als recht in alle möglichen Ecken verkaufen.

Dem setzen sich Leute, wie ich es bin, die an den großen Strömungen der Designerwelt mitwirtschaften, natürlich immer wieder aus: daß sie ratzfatz weggedrängt werden, weil sie andere Konkurrenten stark zu machen imstande sind!“

Ein Designer möchte Dinge nicht nur verändern, sondern möglicherweise auch für den Menschen erträglicher gestalten. Ist da eventuell ein gewisser Machtinstinkt mit im Spiel?

Die Typen, die das machen, was ich tue, ob det nun ‚en Kohl ist oder der Papst oder Colani, der in ’ner Spitzenposition ist in seiner Branche, das sind alles Größenwahnsinnige, die es nicht zugeben, unheimlich machtbesessen und machtgeil zu sein. Ihr könnt bei Leuten, die das machen, was ich tue, immer eine gehörige Portion von totaler Selbstüberschätzung und totalem Wahnsinn erwarten.“

Der Krieg hat als berühmt-berüchtigter Vater aller Dinge auch vieles in puncto Weiterentwicklung des Designs hervorgebracht, hochtechnologische Werkstoffe aller Art etwa. Braucht das heutige Design den Dritten Mitkrieg?

„Das ist eine Saufrage, mein Lieber. Also: Das Design braucht den Dritten Weltkrieg nicht. Aber unser Ego in Deutschland könnte mal wieder einen kräftjen Tritt in den Arsch vertragen, damit wir von unserem hohen Roß runterkommen. Wir sind ein so reiches Land geworden, daß wir in höchster Gefahr schweben, an unserer Ferienduselei kaputtzugehen. Diese TUI und diese großen Ferjenunternehmen – .Sie haben sich das verdient, hauen Se bloß ab‘ -, die zeigen nur noch Palmen und Strände und kurze Röckchen und Bikinis, um die Leute geil zu machen und so bescheuert, dieses Land zu verlassen und -zig Milliarden an Geldern in die Vifelt rauszutragen. Die eigentlich bei uns im Schwarzwald und in der Sächsischen Schweiz wunderbar aufgehoben wären. Was haben wir für ein schönes Land!“

Colani hat einen aerodynamischen Lkw designt, der laut ihm 30 % weniger Sprit braucht als die zurzeit gebauten. Ein Projekt, das helfen könnte, Arbeitsplätze zu schaffen. Woran mag es liegen, daß sich der Colani-Truck auf breiter Ebene nicht durchgesetzt hat?

„Der setzt sich nicht durch, weil alle dagegen sind, sich von einem, der es da draußen besser macht, etwas sagen zu lassen! Aus!! Ende!“

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