Kritik: „The Walking Dead“, Staffel 8, Folge 9: Darum besiegelt Carls Tod vielleicht das Ende der Serie
Carl schleicht sich aus dem Leben: Leise tötet sich der Junge in der Folge „Ehre“ per Schalldämpfer-Pistole, bevor er sich in einen Zombie verwandeln könnte. Sein Tod verspricht nichts Gutes für die „Walking Dead“-Zukunft.

So unauffällig hat sich noch keine „Walking Dead“-Figur aus der Serie befördert: Im Morgengrauen schießt sich der tödlich infizierte Carl Grimes in den Kopf. Ganz leise, denn die Pistole hatte einen Schalldämpfer. Sein Vater Rick und Stiefmutter Michonne hören es von draußen, von den Stufen der Kirchentreppe aus, sie haben es erwartet. „Have Mercy“, rief Rick zuvor dem Himmel entgegen, zum ersten Mal überhaupt betet der Anführer zu Gott.
Mit dem unprätentiösen Serientod, dem Abgang des jungen Carl, ist also die berechtigte Befürchtung aller „Walking Dead“-Fans wahr geworden: Der Sympathieträger verabschiedet sich aus der Serie. Und damit verabschiedet sich wohl auch die letzte Gelegenheit, das Zombie-Format, das massive Quoteneinbrüche verzeichnet, wieder auf Kurs zu bringen.
Wen soll er für den Verlust bestrafen? Zombies?
Für wen soll Rick Grimes nun weitermachen? Eine letzte Bitte, die der sterbende Sohn an den Vater richtete, lautet: wieder ein guter, friedfertiger Mensch zu werden.
Bitte nicht!
Das Gegenteil muss stattfinden. Da aber die AMC-Serienmacher sich nicht getraut hatten, den Antagonisten Negan zum Mörder Carls zu machen, also richtig Benzin ins Feuer zu schütten, fehlt Rick nun überhaupt das Rache-Motiv. Wen soll er für den Verlust bestrafen? Zombies? Ein Traum des Jungen (der in den Comics Wirklichkeit wird) besteht darin, dass alle Menschen, inklusive Negan, gemeinsamen Lebensraum einnehmen, friedlich. Die katastrophalen USA-Einschaltquoten dieser Folge könnten vielmehr belegen, dass sich „The Walking Dead“ als TV-Format allmählich auserzählt.
Die Fackel-Übergabe an die nächste Generation steht ja bereits an. Zum ersten Mal in dieser Staffel sehen wir, und das legt auch alle „Walking Dead“-Schwächen offen, deutlich das Gesicht des jungen Mädchens Judith, die immerhin seit fünf Jahren dabei ist. Für sie allein müssen Rick und Michonne nun einstehen. Als wäre vorher für Judith kein Platz in der Serie gewesen. Bemerkenswert wieder mal, wie nachlässig die Autoren mit Charakteren umgegangen sind, wie sie über Monate bis Jahre als irrelevant dargestellt wurden.
In der extralangen Episode „Ehre“ wird zwar von Carl Abschied genommen, aber es ist erstaunlich, wie schwach die letzten Dialoge zwischen Vater und Sohn, zwischen Michonne und Ziehsohn sind. „It’s ok, I got bit“, sagt Carl, gleich zweimal. Michonne: „You okay?“. Am Ende das obligatorische „I love you, Dad“ – „ I love you“.
Fahrlässiger als der Tod Carls sind nur die (Nicht-)Verabschiedungen jahrelanger Weggefährten des Jungen
Sterbeszenen in der TV-Serie, die von den Toden in den „Walking Dead“-Comics abweichen, waren selten gut. Tyreese verglühte nicht, er verblich langsam, am Ende war man froh über seinen Abgang. Andrea wirkte in ihren letzten Momenten so, als wäre sie zu lange in der Sauna gewesen und einfach müde. Carl wurde nun von einem 08/15-Zombie im harmlosen Eins-zu-Eins-Kampf gebissen. Bei einer Abwehrhaltung, die zigfach erprobt war. Hoffentlich hatte Chandler Riggs, der nie aus der Serie aussteigen wollte, über diesen Stumpfsinn bitter gelacht.
Fahrlässiger als der Tod Carls sind nur die (Nicht-)Verabschiedungen jahrelanger Weggefährten des Jungen. Tara ist einfach weg, Rosita schaut nur traurig drein, Daryl spricht einen aufmunternden Satz, macht auf dem Absatz kehrt und trägt dann das weinende Kleinkind Judith davon.
Leider legt diese erste Folge nach der Midseason auch die Schwäche des ersten Staffel-Abschnitts bloß. Schon in der voran gegangenen Episode vor der Winterpause war im permanenten Nachtgefecht nicht nachvollziehbar, wer gerade wo und warum gegen wen kämpft. Wir sahen Geballer und Brandstiftung, diverse Manöver in dunklen Gebäuden, komische Grabenkämpfe.
Alles andere aber nur schwer
Nun wird auch noch in Carls finale Momente ein Handlungsstrang hineingeschnitten, der belanglos erscheint. Denn wer konnte sich überhaupt noch daran erinnern, dass König Ezekiel gefangen genommen wurde, dass Morgan und Carol ihn befreien wollten? Alle Zuschauer hatten doch nur den gebissenen Carl im Sinn, der seine Wunde in den letzten Sekunden von Folge acht offenbart hatte. Der Sinn von geteilten Staffeln mit monatelanger Unterbrechung steht damit wieder einmal in Frage. Cliffhanger sind ok, wie hier der mit dem tödlich verwundeten Jungen, die prägen sich ein. Alles andere aber nur schwer.
Schnelle Wechsel zwischen Carl auf dem Sterbebett und einer Morgan-Actionszene mit Aikido-Fight plus „deshalb lassen wir Feinde überleben“-Moral soll vielleicht verschiedene Philosophien der Mitglieder von Team Rick kontrastieren. In Wirklichkeit verschwimmt der Fokus auf das, was wichtig ist.
„The Walking Dead“ hat ein Problem mit Sterbeszenen
Falls Morgans Exil – und damit sein Übergang in die Welt der strauchelnden Schwesterserie „Fear The Walking Dead“ – vorbereitet werden soll: Warum muss das ausgerechent in Carls Abschiedsfolge geschehen? Hat man der Wirkung Carls allein nicht vertraut?
Manche Montagen sind schlichtweg bizarr. Carl beichtet einen wichtigen Moment aus der Vergangenheit. Er hat einen Jungen umgebracht, der selbst bewaffnet war; es lastet auf ihm, die Erfahrung trug aber zu seiner Mannwerdung bei. Keiner erinnerte sich mehr an diese Szene, die mindestens vier Staffeln zurückliegt – was sie natürlich noch viel wichtiger macht. Der Mord war Carls Geheimnis. Doch statt das sacken zu lassen, müssen wir uns Sekunden später mit Morgans Stockschwingerei beschäftigen.
Die Vorausschau auf den alten Rick Grimes, mit Bart und Geh-Hilfe, liefert genau das, was man von „The Walking Dead“ eben nicht sehen will: einen Mann, der Frieden findet.
Rick müsste jetzt eigentlich durchdrehen. Das aber wird die Serie nicht bringen. Als nächstes kommt die Verhandlung mit Negan, dazu Michonnes ewiges „We got to get going. Together.“
Die unglaublichen Parallelen zwischen „The Walking Dead“ und „Breaking Bad“
„Breaking Bad“ und „The Walking Dead“ gehören zu den erfolgreichsten Serien der vergangenen Jahre und wurden beide mit Preisen überhäuft. Auf den ersten Blick vereint die Thriller- und Zombie-Reihe nicht viel mehr, als dass beide vom US-Sender AMC in Auftrag gegeben wurden. Doch was vielen Zuschauern bisher entgangen ist, sind die erstaunlichen Parallelen und einzelne Details, die sich in beiden Serien finden lassen.
In einer Folge der zweiten Staffel von „The Walking Dead“ (also noch bevor die Serie neben „Game Of Thrones“ zur bekanntesten der Welt wurde) sehen wir, dass Merle in seinem Drogenversteck auch „Blue Sky“ hat. „Breaking Bad“-Fans kommt der Name natürlich sofort bekannt vor, handelt es sich doch um den Straßenverkaufsnamen von Heisenbergs Meth.
„I’m Gonna Kill You, Bitch!“
Bereits in der zweiten Folge der ersten Staffel von „The Walking Dead“ stiehlt Glenn einen Dodge, der ganz genauso aussieht wie der von Walter White in „Breaking Bad“. Die schönste Parallele stammt allerdings aus der 12. Episode der sechsten Staffel der Zombiereihe, wo tatsächlich der Satz „I’m Gonna Kill You, Bitch!“ zitiert wird, den ein Drogendealer gesagt haben soll. In „Breaking Bad“ gehört der Satz zu jenen vielen starken Ausdrücken, die Jesse Pinkman benutzte.
„Offizielles“ Statement von Netflix
Netflix hat sich daraus einen Scherz erlaubt und offiziell verkündet, dass „Breaking Bad“ ein Prequel von „The Walking Dead“ sei. „Was war ‚Breaking Bad‘ anderes als eine Geschichte über einen schusseligen Chemielehrer, der sich selbst in ein ausgewachsenes Monster verwandelte?“, so fragt der Streamingdienst in einem Video. „Und was wäre, wenn er einfach jeden in ein ausgewachsenes Monster verwandelt hätte? Was wäre, wenn Walter White mit seinem ‚Blue Sky‘ die Zombie-Epidemie ins Leben rief, die schließlich zu „The Walking Dead‘ führte?“
Einen Haken hat die gewagte Theorie dann aber doch: In „Breaking Bad“ werden die Meth-Konsumenten mehr als einmal als Zombies bezeichnet. Dieses Wort kommt allerdings bei „The Walking Dead“ nicht vor, weil Robert Kirkman, der Schöpfer der gleichnamigen Comicreihe, behauptet, dass die Wesen in seiner Reihe keine Gemeinsamkeiten mit Zombies hätten.
Nachdem eine queere Liebesgeschichte im „The Walking Dead“-Spin-Off „World Beyond“ einige Fans in Rage versetzte, schiebt die Serie der Homophobie im Fandom nun einen Riegel vor. Die Message ist klar: Für Anti-LGBTQ+-Zuschauer gibt es dort „keinen Platz“.
The Walking Dead fordert Selbstreflexion und Akzeptanz
Das „Walking Dead“-Team äußerte sich nun am Dienstag (26. Januar) auf Twitter zu den hasserfüllten Kommentaren. Jene Menschen, die sich mit LGBTQ+ Charakteren „unwohl fühlen oder wütend“ sind, sollen demnach @TheWalkingDead nicht weiter folgen. „Hallo, hallo. Wenn LGBTQ+ Charaktere im Fernsehen (oder irgendwo anders) bei ihnen Unbehagen auslösen oder sie wütend machen, bitten wir Sie uns nicht zu folgen.“
So appelliert die Serie an ihre Zuschauer, ihre eigene Haltung zu reflektieren: „Während wir Sie auch ermutigen, selbst zu reflektieren und mehr Akzeptanz zu haben, sollten Sie wissen, dass es in unserem Fandom keinen Platz für hasserfüllte Diskriminierung oder vorsätzliche Ignoranz gibt. Thank you.“
In der Spin-Off-Serie „The Walking Dead: World Beyond“ küssten sich zuletzt zwei männliche Charaktere, Felix und Will, bei ihrer Wiedervereinigung. Als sich anschließend Jelani Alladin, der Will spielt, im Talk Dead to Me-Podcast über die treffende, unkomplizierte Darstellung einer gleichgeschlechtlichen Beziehung äußerte, konnten die Anti-LGBTQ+-Zuschauer ihre Diskriminierung nicht mehr zurückhalten. Dabei verrenkten und verzettelten sich die Zuschauer in dem vergeblichen Versuch ihre Homophobie zu rechtfertigen.
Jelani Alladin: „Es waren einfach zwei Männer, die zufällig ineinander verliebt sind“
Jelani Alladin, der Will spielt, erzählte dem „Talk Dead to Me“-Podcast: „Es waren einfach zwei Männer, die zufällig ineinander verliebt sind. Punkt.“
„Es gab keinen Grund, das weiter zu erklären, und ich liebe es, dass ‚The Walking Dead‘ LGBTQ-Beziehungen nicht anders darstellt als andere Arten von Beziehungen.“
Auch auf Twitter, fügte Alladin hinzu, dass er stolz ist ein Teil dieser Geschichte zu sein. Er teilte den Tweet der Serie auf seinem Account und schrieb: „Forever this. Stolz, wieder bei der Arbeit für @TWDWorldBeyond zu sein und diese LGBTQIA-Beziehung zum Leben zu erwecken“. Im gleichen Post taggte Alladin außerdem seinen Co-Star Nico Tortorella taggte, der Felix spielt und schreibt:
„LETS GIVE EM SOMETHING TO TALK ABOUT @NicoTortorella“