Rammstein in Ungarn: Nächste Station Viktor Orbán

Vor dem Dreifachspektakel im Olympiastadion haben die Berliner ein brisantes Auswärtsspiel vor der Brust. Hält man in Budapest den Ball flach?

Auf der Facebook-Seite von Rammstein werden die letzten Shows im italienischen Padua (01. Juli) sowie das Doppelkonzert im nordholländischen Groningen (06./07. Juli) gefeiert; begleitet von zahlreichen Kommentaren und Live-Action-Fotos mit reichlich Flammengeballer. Begeisterung und beste Laune all überall. Die Reihen der Fans scheinen fest geschlossen. ..

„Volevo sapere quando vi vedremo nuovamente qui in Italia, dato che mancate già a tutti!” Auf Deutsch: „Wollte nur wissen, wann wir Sie hier in Italien wiedersehen werden, denn alle vermissen Sie bereits“, erkundigt sich eine höfliche Userin aus Italien nach den Zukunftsplänen der Band. Like Row Zero never happened! „We enjoyed the great show. Thank you Rammstein. Thank you Padua (great support, never had a faster shuttle), thank you Italian fans (you really rocked it)“, schreibt versehen mit Emoticons ein Fan.

Bevor es an diesem Wochenende gleich dreimal hintereinander zum Dreifachkonzert in Berliner Olympiastadion geht (15. Bis 17. Juli) steht ein weiterer brisanter Tour-Ort auf dem Programm: Die Ferenc Puskás Arena in Budapest. Hier spielen Rammstein sowohl am heutigen Montag (11. Juli), sowie ein Zusatzkonzert am 12. Juni.

Ungarn nimmt durch die Politik und die Aussagen von Ministerpräsident Viktor Orbán in vielerlei Hinsicht eine Sonderrolle in Europa ein. Im staatlichen ungarischen Radio verbreitet er regelmäßig seine Ansichten zur Flüchtlingspolitik, zum Russland-Krieg und auch zum Umgang mit Minderheiten. Im Oktober 2020 zieht Orbán im Rahmen eines Interviews eine Parallele zwischen Homosexualität und Pädophilie. Er sagte in dem Gespräch, die Ungarn seien ein geduldiges Volk, was Homosexualität angehe, aber es gebe eine rote Linie, und die laute: „Lasst unsere Kinder zufrieden!“ Ein vergiftetes Statement, das nur wenig kaschiert eine Nähe zwischen sexueller Neigung und Missbrauch konstruiert.

In einer Gesetzesvorlage vom Juni 2021 wurden verschärfte Strafen für Kindesmissbrauch mit einem Ende der Sexualaufklärung für Jugendliche verknüpft. „Solche Pakete baut Fidesz gern: Ein seriöser Plan wird mit Widerwärtigkeiten vermischt, gekapert und ideologisch vergiftet“, so ein Kommentar der „Süddeutschen Zeitung“.

Die ungarische Hauptstadt selbst gilt nicht als Orbán-Hochburg und Rammstein-Konzerte sind keine politischen Veranstaltungen.

Doch man darf gespannt sein, wie sich die Ost-Berliner in diesem gesellschaftlich-politischen Umfeld präsentieren werden.

Als sich neutral gebende deutsche Popband, die ein wenig Feuerzauber mitbringt? Oder solidarisiert man sich mit der queeren Community des Landes? Schließlich haben Rammstein in zahlreichen Statements auf ihre libertäre Haltung gepocht. In puncto Russland wiederum scheinen Orbán und Lindemann nicht allzu weit auseinander zu liegen. Bekanntlich hat sich Lindemann im September 2021 bei der Militär-Feier des Verteidigungsministeriums „Spasskaja Baschnja“ auf dem Roten Platz feiern lassen. Lindemann intonierte seinerzeit ein russisches Heldenlied.

Im Gefüge der Band wiederum bleiben Rammstein bewusst indifferent. Beim Ausbruch des Krieges im März 2022 erscheint ein Statement auf der Rammstein-Webseite gleichermaßen auf Deutsch, Ukrainisch und Russisch:

„Wir empfinden in diesem Moment besonders Trauer über das Leid der Ukrainer“; heißt es dort. „Jedes Mitglied der Band hat unterschiedliche Erfahrungen mit den beiden Ländern; alle Musiker haben Freunde, Kollegen, Partner und Fans in der Ukraine und in Russland.“ Sie sprechen auch die Verzweiflung an, die viele russische Fans angesichts der Regierungs-Handlungen empfinden. Man appelliert „an die Menschlichkeit, die russische und ukrainische Bürger teilen.“

Die Empörung um die Causa „Row Zero“ hat sich aktuell gelegt. Es scheint, dass Rammstein diese „Ruhe“ mittlerweile genießen – und ihre letzten Europa-Shows ohne weitere Skandalmeldungen erledigen wollen – gäbe es am kommenden Wochenende nicht angekündigte Demonstrationen am Olympiastadion.

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