Dolly Parton

„Rockstar“ – Einfach Queen sein

Universal (VÖ: 17.11.)

Krönungsakt: Die zeitlose Country-Ikone mit einer grandiosen Selbstermächtigung

Die bessere Barbie (Backwoods-Version) war Dolly schon 2008 – und auch schon Rock’n’Roll, als sie noch Country sang. Oder andersrum. Über „Coat Of  Many Colors“ schrieb Robert Christgau, so viel „genius of purity“ sei im Rock nicht mehr zu haben. So viel (Selbst-)Ironie auch kaum. Blöde Witze über dumme Blonde? Pah! Sie wisse ja, dass sie nicht dumm sei. „I also know I’m not blonde.“ Die Klatschpressen-Queen? Nun, sie habe „einen gewissen Stolz“ entwickelt, als Königin von allem Möglichen. „I just want to be the queen.“

It’s all a bit too much und beliebig

Zwangsläufig singt Dolly Parton nun, mit 77, Queen (Sie ahnen was), dazu 29 (!) andere Songs samt Gästeliste 40 plus (Zahl, nicht Alter), so divers wie kaum je wieder. Auch gibt es gleich fünf Cover-Motive. It’s all a bit too much und beliebig. Aber man kann dieses 4-LP-/2-CD-Set auch als krönenden Akt einer grandiosen Selbstermächtigung begreifen, die vor gut fünfzig Jahren begann, als sie sich von ihrem Mentor Porter Wagoner löste. Die Kategorie „Rock“ sieht Dolly großzügig: „Heart Of Glass“ (sehr verzichtbar)? „Every Breath You Take“? „Long As I Can See The Light“ (sehr schön mit John Fogerty)? Oder sie führt das, was aus dem Rock’n’Roll wurde, gleich heim nach Tennessee, wo Simon Le Bon ihr (sehr passabel) dabei hilft, ihren Klassiker „My Blue Tears“ neu zu lesen.

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Es rührt an, wie Parton die Rock-Röhre gibt und dabei dem Country-Twang doch nie ganz entkommt („I Hate Myself For Loving You“ mit Joan Jett). „Tried To Rock And Roll Me“ beweist, dass ihre Stimme besser gealtert ist als die von Melissa Etheridge. Hinter dieser „Rockstar“-Inkarnation muss die Songwriterin Dolly Parton verschwinden. Die war immer dann am relevantesten, wenn sie das gar nicht sein wollte. Wenn sie nur diesen Flickenmantel ihrer Mutter feierte. Oder diese Jolene anflehte, ihr doch bitte nicht den Mann zu nehmen, nur weil sie’s kann.

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Sie bleibt am relevantesten, wenn sie da weitermacht, wie ausgerechnet mit Rob Halford im Beziehungsratgeber „Bygones“. Mick Jagger musste aus Termingründen für „Satisfaction“ absagen, Jimmy Page und Robert Plant nicht nur aus Termingründen für „Stairway To Heaven“. Beides ist vermutlich gut so. Selbst Dolly Parton bekommt nicht alle und alles. So tröstlich für uns gemeine Sterbliche.