Einstürzende Neubauten

„Rampen (apm: alien pop music)“

Potomak/Indigo (VÖ: 5.4.)

Improvisierte Abschussrampen in die Unendlichkeit

„Alles schon geschrieben, alles schon gedacht“, knurrt Blixa Bargeld gleich zu Beginn des Albums, in „Wie lange noch?“. Im Hintergrund vermischt sich atemlos pochendes Getrommel mit sphärisch‑apokalyptischen Sounds. Es drückt, schiebt und drängt. „Die Tricks sind ausgegangen, bedruckt mit Blut auf Flügeln, und unters Volk gebracht“, klagt der Sänger, und die Musik steigert sich bis zur dröhnenden Ekstase. Alles beim Alten also bei den Neubauten, oder besser: alles fast wie früher, als die Band noch auf Plastikrohren und Stahlträgern improvisierte.

Ein Hauch von Vergänglichkeit, wenn nicht Abschied, liegt über dem Album

In ihrem 44. Jahr verlassen die Berliner das zuletzt mit oft überraschend feinen Strukturen und Melodien gepflegte Songformat, um ein Album zu produzieren, das in mitunter recht donnernden Live‑Improvisationen wurzelt. „Rampen“ nennen die Musiker diese durch minimale Absprachen gestützte Form des Einfach‑mal‑machen‑und‑sehen‑was-passiert, das sie seit den allerersten Konzerten pflegen. Blixa Bargeld arbeitet hier meist mit kurzen Textfragmenten. Schon immer wurden Rampen auch im Studio nachmodelliert und in Stücke verwandelt, „Letztes Biest (am Himmel)“ etwa oder „ Alles“ vom Album „ Silence Is Sexy“.

Aber warum setzen die Neubauten jetzt noch mal auf dieses Verfahren? Weil alles schon geschrieben, alles schon gedacht wurde? Ein Hauch von Vergänglichkeit, wenn nicht Abschied, liegt über dem Album, am deutlichsten im melancholisch leisen „Before I Go“. Doch schon das folgende „Isso isso“ schwingt wieder muskulös und auf den Punkt. In „Besser isses“ geht es um die notwendige Trennung von einem unangenehmen Partner – musikalisch eines der besten Stücke des Albums, kratzig wie eine Stahlbürste, aber voller Vitalität. Auch das rätselhaft mystische „Pestalozzi“ sticht heraus, ebenso das leise irrlichternde „Gesundbrunnen“. Abgesehen vom unnötig prätentiösen Titelzusatz „(apm: alien pop music)“ ein gelungenes Album von einer in Würde alternden Band.