M. Ward – Hold Time
Sogar für ein neues Soloalbum hat M. Ward Zeit, alle Achtung. Wir hören von dauernden Tourneen sowie jeder Menge Kollaborationen, z.B. mit Conor Oberst und My Morning Jackets Jim James. Ein zweites Werk mit Zooey Deschanel ist in Arbeit. Zudem erschien vor kurzer Zeit ein Album von Jolie Holland, auf dem Ward spielt und produziert. Und das ist ja nicht alles! Während nun bei anderen Leuten mit solchem Output die Qualität leidet, scheint sich M. Ward seit gut drei Jahren auf einem Dauerhoch zu befinden.
Der Nachfolger zu „Post War“ wird nun wieder gefeiert werden und viel Respekt bekommen. Zu Recht: M. Ward ist auch auf „Hold Time“enorm selbstsicher im Umgang mit seinen Liedern und ihrer klangtechnischen Inszenierung-wir beobachten seit fünf, sechs Alben den fortgehenden Versuch, amerikanische Musikhistorie des 20. Jahrhunderts gleichzeitig festzuhalten und zu interpretieren. Alten Blues, Country, Rock’n’Roll und Surf überführt Ward in das Universum nachgeborener Indie-Musiker. Bei Ward keimt dieselbe Hoffnung wie bei vielen Kollegen: Im Rückblick auf die gute Tradition eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft der USA bekommen zu können.
Da Ward sich nach eigenem Bekunden nie hinsetzt, um ein neues Album zu schreiben, sondern lediglich vorhandenes, manchmal viele Jahre altes Material nach Laune kompiliert, ist eine Kritik, die die Entwicklung des Künstlers im Blick hat, überflüssig. Und tatsächlich klingen Wards Platten ja immer ungefähr gleich. Das kurze Delay auf der Stimme und die jeden HiFi-Glanz vermeidende Produktion erwecken den Eindruck, eine Botschaft aus der Vergangenheit zu bekommen, die Musik tut ihren Teil dazu. Auch auf „Hold Time“ steht also die Zeit scheinbar still, was etwas sehr Heilsames hat. Ward folgt seinen kleinen Melodien, spielt alten Rock’n’Roll, lässt Hank Williams mit Brian Wilson ins Gespräch kommen und verwurstet die reichen Traditionen seines Landes.
Der schunkelnde Blues von „Rave On“ bekommt durch die Chöre von Zooey Deschanel etwas Geisterhaftes, „To Save Me“ (mit Jason Lytle) würde auch Jeff Lynne gefallen. „One Hundred Million Years“ klingt wie ein field recording, aufgenommen vordem Krieg, irgendwo in den Catskill Mountains. Und dann ist da noch eine nur noch am Text zu erkennende Version von „Oh, Lonesome Me“, hier eine ultralangsame Country-Ballade mit Slide-Gitarre — und Lucinda Williams im Duett.