MULTIMEDIA

Ganz ehrlich: Momentan hat die deutsche Musikindustrie in Sachen Multimedia erstmal kräftig die Bremse gezogen. Die progressive Haltung, hauptsächlich vom Prestigedenken angetrieben, ist inzwischen klarer Ernüchterung gewichen. CD-ROMs verkaufen sich nun mal nicht wie CDs. Auch an den mangelhaften Vertriebsstrukturen hat sich nichts geändert. Es ist also mit einem trockenen CD-ROM-Sommer zu rechnen. Bei uns zumindest. In den Vereinigten Staaten laufen manche Bands multimedial zur Hochform auf. Bestes Beispiel sind

die RBSIDKNTS,

die mit „BadDay On The Midway“ (Inscape; Warner Interactive, Mac/Win) immerhin schon ihre dritte CD-ROM abliefern. Mit „Bad Day“ hat sich die Band selbst übertroffen. Ort der Handlung dieses „Antispiels“ ist ein bizarrer Rummelplatz mit einem illustren Personenstrang. Der Spieler kann in jede Figur schlüp fen, ihre Geschichte erfahren und deren Gedanken lesen. Dazu gehört Dagmar, die Stripperin, die sich für jeden Liebhaber einen Hund auf den Körper tätowieren läßt, oder Ted, der psychopathische Mörder. Alle Protagonisten haben einen eigenen Tagesablaufund sind in einen krimi-ähnlichen Plot verwickelt. Nur wenig Zeit steht dem Spieler zur Verfügung, um hinter das Geheimnis zu kommen – und überall lauert der Tod. Die Musik hält sich diesmal stark im Hintergrund und wird in Kürze als Soundtrack lieferbar sein. Neben den skurrilen Ideen sind gerade die Bilder und Grafiken Jim Ludtkes und einer Reihe weiterer Künstler allein die Scheibe schon wert. Ein echtes Highlight. 5,0 Auch „The Dark Eye“ (über Warner Interactive, Mac/Win) kommt von Inscape und ist eine artifizielle und gruselige Hommage an Edgar Allen Poe. Wahnwitzige und surreale Bilder gehen mit den Trickanimationen von Doug Besweck, der schon bei „Aliens“ und „Beetlejuice“ für aufregende Effekte gesorgt hat, eine spannende Verbindung ein. Als Sprecher wurde die Legende William S.

Burroughs gewonnen, die Musik stammt vom mittlerweile zum Spiele-Komponisten mutierten Thomas Dolby. 4,0 Es ist erstaunlich, daß Rockmusiker, haben sie die 40 erst überschritten und sich auch sonst wacker in ernsthaften Posen geübt, eine CD-ROM präsentieren. Auch Herr TINO, immer auf seinen guten Ruf bedacht, liefert mit tr 4U This Time“ (Philips, Win) gleich zwei Scheiben ab. Der Screen bietet eine liebe- und stimmungsvoll aufgemachte keltische Landschaft mit alten Gebäuden und Ruinen. Was sich Sting so im allgemeinen denkt, vermag er allerdings nur mit viel Gestammel und Pausen von sich zu geben, aber er läßt auch nichts aus: Sting spricht über seine Musik, seine Vorbilder und Kollegen, Politik, seine bevorzugte Lektüre und über seine Herkunft. Seiner Heimatstadt Newcastle wurde sogar eine ausladende Fotoserie gewidmet. Lohnenswert ist auch Stings Kino-Präsenz. Seine Mitwirkung in „Dune“ und „Stormy Monday“ ist bekannt, aber wer erinnert sich noch beispielsweise an seinen Auftritt als Tankwart in „Radio On“? Handwerklich ist >r AÜ This Time“ in Ordnung, das heißt, die Bildqualität, die Navigation und die Animationen sind sehr überzeugend. Aber leider ist das eine weitere zum Künstlerporträt degradierte CD-ROM. Schließlich könnte das Medium auch als Ausdrucksmöglichkeit für etwas vollkommen Neues genutzt werden, statt sich an Bewährtes zu halten. 3,5 MONSTOt MAONKT stellen ihre CD-Plus (in Amerika heißt der Standard CD-Plus, bei uns CD-Extra) J Talk To Planets“ (A&M, Mac/Win) vor. Während die Scheibe an der Anlage die Songs „Dead Christmas“ und „Blow ‚Em Off‘ abspielt, zeigt der MultimediaTrack mit Morphing-Eflekten, was sich die Band so unter Evolution vorstellt. Bemerkenswerterweise stellt sich dazu Monster Magnet-KopfDave Wyndorff höchstpersönlich zur Verfugung: Rockmusiker und Neandertaler sehen sich ziemlich ähnlich. Anhand in der Atmosphäre verglühender Meteoriten lassen sich auch diverse Videos anwählen.3,0

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