RonSexsmith – Blue Boy
I wonder how can this song survive?“ fragt Ron Sexsmith gleich zum Auftakt seines vierten Albums. Und gibt dann noch emphatisch zu bedenken, dass doch auf jeden, den wir hören dürfen, schon etliche Totgeburten gekommen sind. Dass den Kanadier die Finalität seines Werks umtreibt, dürfte zunächst mal naheliegende Gründe haben. Wobei es kaum jemanden überraschen konnte, dass der sanfte Ron nach drei ebenso feinen wie mäßig verkauften Interscope-Alben den Industrie-Laufpass bekam.
Verblüffender ist da auf den ersten Blick schon, wen Sexsmith für den Neustart unter kleinerer Flagge mit der Produktion beauftragt hat. Jawohl, der Twangtrust hat Regie geführt. Doch kann man sich Steve Earle und seinem Soundguru Ray Kennedy tatsächlich auch dann anvertrauen, wenn der Twang-Bedarf gar nicht so groß zu sein scheint? Hatte Sexsmith nicht immer hervorgehoben, wie geschickt ihm Vorgänger Mitchell Froom gemeines Roots-Rock-Terrain erspart hatte?
Nach dem ersten Hören ist die Verblüffung nicht mehr ganz so groß, nach dem zweiten wächst die Erkenntnis, nach dem dritten kommt Begeisterung hinzu. Gewiss, ein „Not Too Big“ präsentiert den Kanadier mit angebluestem Southern-Funk schon mal als leisen Cousin von Tony Joe White, „Never Been Done“ bringt ein klassisches Country-Gerüst gar auf Ska-Trab. Der kühle, zuweilen kühne Froom-Schliff ist warmem Laissez-faire gewichen.
Drunter und drüber geht’s freilich nicht Das Nashville-Duo hat vielmehr sehr genau erkannt, dass anything hier nicht geht und beweist sich gerade auch dort, wo ihr Melodien-Magier in subtilem Understatement blüht („Teil Me Again“, Just My Heart“). Nennt man das „songdienlich“? Überhaupt: Die Antwort auf alle bangen Fragen liegt immer noch in diesen so wunderbar einfachen, doch emotional verstrickten und immer unmittelbaren Songs, in denen so manche Träne zum Trocknen aufgehängt wird. Und das oft nicht mit dem lässigen JBa-ba-baa-baa“ eines „Keep It In Mind“.
Was die Eingangstrage betrifft, sollte sich Ron Sexsmith denn auch nicht allzu große Sorgen machen. Songs wie „Cheap Hotel“, „Foolproof“, „Miracle In Itself“ und „Fallen“ sind einfach viel zu gut, als dass ihnen nicht ein Stückchen Ewigkeit beschieden sein sollte.