ROOTS :: VON JÖRG FEYER

Nashville im Jahr eins nach dein Umsatzknick gibt im Big-Business-Bereich nur schwache Signale einer kreativen Renaissance. Am erfreulichsten agieren noch Capitol Records, die ihre Garth-Brooks-Millionen bisweilen durchaus sinnvolle reinvestiert haben. Nach George Ducas (siehe RS 6/97) und The Ranch (siehe RS 10/97) schicken sich nun THE DE -LEVANTES an, auf den Spuren der seligen OTCanes ein zaghaftes Zeichen gegen austauschbaren Hat Act-Tand zu setzen.

Das gelingt dem Duo aus New Jersey mit seinem Major-Debüt „Postcards Front Along The Way“(Capitol/IRS) nicht zuletzt deshalb, weil mit Garry Tallent (Ex-E-Street-Band) wieder ihr bewährter Produzent agierte, der den „die Bodeans treffen Steve Earle bei den Everly Brothers„-Sound zwar radiofreundlicher, aber unkompromitriert einfahrt. Dazu bleiben Songs wie John Wayne Lives In Hoboken“ nicht hinter hochgesteckten Erwartungen zurück. 3,0

Aus demselben Haus sowie der Sparte „Der Apfel fallt nicht weit..“ grüßt derweil DEAN MILLER, der sich mit seinem schlicht „Dean Miller“ (Capitol/IRS) betitelten Album anschickt, in die Fußstapfen von Erzeuger Roger „King Of The Road“ Miller zu treten. Dieses sollte gelingen, denn sowohl die ungekünstelte Produktion als auch Songs wie „The Running Side Of Me“ liegen klar überm Nashville-Schnitt. Als Gäste helfen Raul Malo (Mavericks), Trisha Yearwood und Tammy Rogers an der Fiddle in dem dunklen Schleicher „Broke Down In Birmingham“. 3,0

Einer der wichtigsten Statthalter des „alternativen“ Nashville bleibt weiterhin Namensvetter BUDDY MILLER, der sein neues Album „Poison Love“ (Hightone/Fenn) mit dem Roger Miller/George Jones-Hauer „Nothing Can Stop Me“ stilecht eröffnet Erneut brilliert Miller nebst üblichen Verdächtigen (Emmylou Harris, Gattin Julie, Jim Lauderdale) sowohl als Songwriter wie auch als Interpret, etwa mit einer wunderbar reduzierten Country-Lesung des Soul-Klassikers „That’s How Strong My Love Is“. Und Steve Earle gibt als Duett-Partner im Titelsong dem Bluegrass-Gaul kräftig die Sporen. 4,0

Muß schon komisch sein, wenn sich plötzlich Verwandte aus Louisiana melden. Zudem pflegt AN-TONY THISTLETHWAITE musikalische Wahlverwandtschaften in St Petersburg. Zwischen diesen Polen ließ der Ex-Waterboy mit dem sinnig betitelten „Crawfish And Caviar“ (Demon/Edel Contraire) ein Roots-Album der ungewöhnlichen Art reifen, zu dem z. B. Sonny Landreth, Mick Taylor, diverse Cajun-Zydeco-Größen und sogar ein Karl WallingerO) ihr Scherflein beitragen. Die hymnische Emphase seines recht undogmatischen Folk-Rock hat er sich aber wohl bei Mike Scott abgeguckt 3,0

Man mag den Glanzzeiten eines Commander Cody hinterhertrauern, doch BILL KIRCHEN, Gitarren-Urgestein der Lost Planet Almen, müht sich hier immerhin nach Kräften, das Fähnlein des besseren Country-Rock weiter flattern zu lassen. „Hot Rod Lincoln Live“ (Hightone/Fenn), ein nachbehandelter Mitschnitt in Trio-Besetzung, wartet mit älteren („Tbo Much Fun“) wie neueren („Rockin‘ Over China“) Cody-Evergreens, gern genommenen Genre-Stücken („Looking At The World Through A Windshield“) und einer Titelsong-Tour-de-force auf, in der sich Kirchen einmal kreuz und quer durch die Musik- bzw. Gitarristen-Geschichte zitiert. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen. 3,0

Die schönste Zahnlücke von Chicago schlägt wieder zu. CAREY BELL stellt lachend ein Schneidezahndefizit zur Schau, das jedem 6jährigen gut anstehen würde. Ob darin auch ein Geheimnis seiner Mundharmonika-Kunst liegt? Wir wissen es nicht Wir wissen nur, daß der Little Walter- und Big Walter Horton-Schüler mit „Good Luck Man“ (Alligator/Edel Contraire) ein routiniertes Traditional-Blues-Set liefert: mit Verve gespielt, mit Sinn für Dynamik arrangiert. 3,0

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