The John Lennon Letters. Erinnerungen in Briefen :: von Hunter Davies (Hg.)

Mail & Schnipsel

Weihnachtszeit ist immer auch Beatles-Zeit, weil man zum Fest der Liebe eben doch mehr braucht als love love love (die Normalsterblichen brauchen Beatles, die Beatles brauchen – echt jetzt? – Geld). Neben der „Magical Mystery Tour“-DVD und der Stereo-Alben-Vinyl-Box gibt es nun auch noch den großformatigen 400-seitigen Ziegel „The John Lennon Letters“. Der Untertitel der deutschen Ausgabe, „Erinnerungen in Briefen“, ist ein bisschen irreführend. Denn Briefe finden sich hier nicht so sonderlich viele, dafür recht prosaische Postkarten, Einkaufszettel, Notizen, Papierschnipsel, Fragebögen (vielleicht muss man „letters“ eher mit „Buchstaben“ übersetzen?). Das erinnert fast an die Garbology des obsessiven Dylan-Fans A. J. Weberman, der einst die Mülltonnen seines Idols durchwühlte, auf der Suche nach – ja, nach was eigentlich? Die Erinnerungen stehen jedenfalls eher in den Texten, die Herausgeber Hunter Davies (einst Verfasser der ersten autorisierten Beatles-Biografie) den Fundstücken an die Seite gestellt hat. Die meisten seiner Dokumente hat Davies von Sammlern bekommen, die sie bei Auktionen ergattert haben, kein Wunder also, dass intime Zeugnisse fast gänzlich fehlen. Wer tiefe Einsichten in Lennons Beziehungen zu Paul McCartney oder Yoko Ono erwartet, wird von dieser Sammlung enttäuscht sein. Der Beatle hält die Briefe, die er erhielt, zurück (nur ein wohl nicht abgeschickter Sermon an Linda ist zu lesen), die Witwe hat angeblich keine erhalten und immer nur telefoniert.

Aber ein paar interessante, rührende und überraschende Einblicke in Lennons Leben erhält man doch: die selbstgebastelte Zeitung des Elfjährigen, den Brief an George Harrisons Mutter aus Hamburg, die – wenn auch recht simplen und wenig poetischen – Liebesschwüre an Cynthia und Lennons Korrespondenz mit seinem Vater Alfred, der auf dem Höhepunkt der Beatlemania plötzlich – mit einer sehr jungen Freundin – nach 20 Jahren auftauchte. Die beiden näherten sich kurzzeitig einander an, doch nach einem Streit brach John den Kontakt ab. Alfred Lennon starb 1976, ein Jahr nachdem sein mittlerweile in New York lebender Sohn selbst zum zweiten Mal Vater geworden war und wieder Kontakt zu seiner Familie in England suchte. In den Briefen an seine Cousine Liela (die er immer „Leila“ schreibt) offenbart er sich als ausgeglichener Familienmensch und stolzer Vater, der sich freut, seine Heimat bald wiederzusehen. Wer zu Weihnachten ein unterhaltsames Coffee-Table-Book mit vielen Abbildungen und ein paar Anekdoten will, liegt mit „The John Lennon Letters“ richtig, wer Erinnerungen, Intimitäten, Selbstanalysen und Seelenschauen sucht, sollte sich weiter an Lennons Songs halten, denn nur hier ging er mit sich und der Welt schonungslos ins Gericht. (Piper, 39,99 Euro) MB

von Beth Ditto

Natürlich kann man sich fragen, ob jemand mit 31 eine Autobiografie schreiben muss. Doch Gossip-Sängerin Beth Ditto könnte sicher Spannendes erzählen über das Musikgeschäft und seine Zwänge, über Karl Lagerfeld und Jean Paul Gaultier. Tut sie aber nicht. Die vergangenen sechs Jahre fertigt sie auf einem Dutzend Seiten ab, der Rest des Büchleins beschäftigt sich vor allem mit ihrer schweren Kindheit und Jugend. Und am Ende wartet sie noch mit Gemeinplätzen wie „Ich weiß, dass wir alle eine eigene Magie besitzen“ auf. (Heyne Hardcore, 16,99 Euro) bf

Revolte, Rock und R.E.M. ****¿

von Roger Lyle Brown

Warum nicht einfach mal 21 Jahre warten, bis man ein tolles Buch übersetzt? „Party Out Of Bounds“ war 1991 schon ein Wunderwerk: Da beschrieb ein Insider die Musikszene in Athens, Georgia rund um die B-52’s und R.E.M., Pylon und Love Tractor so detailliert und liebevoll, dass man sich die Spelunken und Studentenbuden, die kleinen Straßen und großen Träume wunderbar vorstellen konnte. Auch nach all den Jahren und trotz des beknackten deutschen Titels unbedingt lesenswert. (Neues Leben, 16,95 Euro) bf

von Duff McKagan

Nachdem Slash und Steven Adler schon vorgelegt haben, rückt nun auch Bassist Duff McKagan mit seiner Version der Guns-N’Roses-Geschichte raus. Inzwischen wundert man sich freilich über nichts mehr, und der nette Duff schont die Ex-Bandkollegen mehr als sich selbst. Seine eigenen Exzesse waren krass genug, am Ende explodierte ihm vor lauter Drogen und Alkohol die Bauchspeicheldrüse, da änderte er sein Leben. Eine weitere Auferstehungsgeschichte eines kranken Rockstars also. Und wo bleibt Axls Abrechnung? (Luftschacht, 24,90 Euro) bf

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