U2 :: The Unforgettable Fire
Das frühe Meisterwerk der Iren, neu aufgelegt mit Bonus-Material Zu kaum einer Band passt die grassierende Verboxung besser als zu U2. Im kardinalsroten Schuber mit Goldband sieht „The Unforgettable Fire“ noch imposanter aus, als es sowieso schon angelegt war. Anton Corbijns ikonografische Schwarzweiß-Postkarten zeigen vier ernste Typen, die immer in die Ferne blicken – als sähe sie dort bereits ihre Zukunft als größte Band der Welt. Das beigelegte Büchlein wirkt wie eine kleine Bibel, die Produzenten Brian Eno und Daniel Lanois erinnern sich darin gern ans Jahr 1984, Bert van de Kamp und Niall Stokes liefern die weiteren Hintergrundinformationen zu den Aufnahmen, The Edge kommentiert die Bonus-Stücke.
Die zeigen vor allem, wie viel Material U2 offensichtlich noch übrig hatten: „Love Comes Tumbling“ schaffte es nur auf eine B-Seite, und um das ätherische „The Three Sunrises“ tut es Edge heute noch etwas leid, es passte einfach nicht zum Rest. Dazu gibt es etliche Remixes, unter anderen von der frühen Single „11 O’Clock Tick Tock“, und einige unvollendete Skizzen, die interessant sind, aber den zehn meisterhaften Tracks von „The Unforgettable Fire“ natürlich nicht das Wasser reichen können.
Das vierte Album von U2 war ein früher Triumph, nachdem ja schon „War“ den Weg zum Weltruhm geebnet hatte. Auch wenn Bono heute behauptet, er hätte damals zu sehr „wie ein Mädchen“ gesungen: Die Dringlichkeit von „Pride“, der (historisch nicht ganz korrekten) Hymne an Martin Luther King, die Nervosität von „Wire“, das verzweifelte „Bad“, das Schlaflied „MLK“ – jeder Song sticht ins Herz, gerade weil U2 mit all ihren Ambitionen manchmal schön ins Schlingern kommen. Dann kämpft die Ausdruckskampf mit den noch etwas beschränkten musikalischen Möglichkeiten, und dabei entsteht – natürlich vor allem dank Bonos Stimme und der dräuenden Gitarre von The Edge – etwas tatsächlich Einzigartiges. Ein „Konzept“, das blieb.
Die DVD enthält neben Ausschnitten von „Live Aid“ und dem „Conspiracy Of Hope“-Auftritt die bekannte „The Unforgettable Fire Collection“: vier Videoclips und die Album-Making-Of-Dokumentation, die auf Slane Castle und in der Mindmill Lane gedreht wurde – zu einer Zeit, als U2 noch nicht so bewusst mit den Kameras spielten. Bono sinniert über Texte und Themen und sorgt sich, er könne „too spiritual“ klingen. Gemeinsam mit Eno und Lanois quält sich die Band mit „Pride“ herum, bis man die Spannung im Studio fast mit Händen greifen kann – und dann fasst Eno nebenbei das Geheimnis von U2 knapp zusammen: „They built from strength and limitation.“ Sie wissen, was sie können und was nicht, und dann versuchen sie das Unmögliche. Alle paar Jahre erreichen sie es.