Voltaire :: Das letzte bisschen Etikette
Ach, hätte sie ihm doch gleich das Album produziert! Bei einem Berlin-Aufenthalt nahm Annette Humpe Roland Meyer de Voltaire zur Seite und bescheinigte ihm eine „Wahnsinnstimme“, bemängelte aber auch seine Texte, die zu viel wollen. Roland Meyer de Voltaire will generell zu viel. Dabei ist er eigentlich ziemlich gut. Der Mann, der gerade den „großen Sprung“ von Bonn nach Köln schaffte, ist erfrischend undeutsch. Klingt nicht nach einem Michel-van-Dyke-Zögling oder nach Hamburger, Bad Salzuflener oder Kieler Schule. Ein bisschen Reamonn-Theatralik, das ist schade, ein bisschen Maximilian-Hecker-Irrsinn, das ist schön. Ansonsten schielt er gerne nach britischen Gitarrenpop und den Ausuferungen davon mit „Prog-“ vorne dran. Weil der Rheinländer generell zuviel will, verliert er auf seinem zweiten Album sich und seine Stimme in einer Muse– und Radiohead-artigen Wall Of Sound, statt es lieber mit ein wenig Travis-Leichtigkeit zu halten (wie in „Hier“ und „Wenn du gehst“). Und setzt immer wieder zu einem Chris-Martin-Falsett an. „Das sind alles bloß Gefühle“.
Nun ja, man muss das Richtige daraus machen. Annette, zügle ihn doch ein wenig, zügle seine Gefühle, ein wenig mehr als Co-Produzent Jem (Angelika Express)! Schließlich hat Monsieur Voltaire den Dreh beim Reim mit „Etikette“ gerade noch gekriegt. Und die Kurve beim letzten, reduzierten Stück „Das Haus, das ich dir versprach“. Für das wird man dann zu „Inas Nacht“ eingeladen.