ROLLING-STONE-Check: Ist Keanu Reeves ein guter Bassist?

Er ist Neo, er ist Johnny Silverhand - aber ist Keanu Reeves auch ein guter Bassist?

Stichwort: Erdigkeit. Keanu Reeves, das hört man immer wieder, ist trotz seines Superstar-Status und seiner unzähligen Filmerfolge bemerkenswert down to earth geblieben. Bodenständig, keine großen Allüren, ein Mann mit ausgeprägten Leidenschaften (Motorräder, Musik). Da passt es gut ins Bild, dass der in Beirut geborene und in Toronto aufgewachsene Hollywood-Star nicht einen auf Leadgitarrist-Rampensau macht, sondern den Bass, genauer gesagt die elektrische Bassgitarre, als Instrument seiner Wahl auserkoren hat.

Der Bass ist schließlich auch erdig, anders gesagt: Er ist das Fundament der Musik. Bassisten sind meist die Ruhepole der Band, gemeinsam mit dem Drummer sind sie der Puls. Ihre Aufgabe ist in einer Rockband in der Regel weniger glorreich als die jenes Bandkollegen, der mit dem Fuß auf der Monitorbox die rasend schnellen Harmonisch-Moll-Arpeggios runterfiedelt und sich im Heldenglanz des Solistenapplaus sonnt – überspitzt formuliert, klar. Dafür ist der Bass umso wichtiger. Ein mieses Rhythmusfundament macht schließlich eine miese Band, egal wie gut die Solo- und Melodieinstrumente sein mögen.

Uneitel an den tiefen Tönen

Keanu Reeves spielt also Bass. Er tut das auf eine herrlich uneitle Art und Weise. Klar, wenn Keanu Reeves mit seiner Band Dogstar einen Auftritt spielt, schauen die Leute natürlich meist auf ihn. Teil der Band oder nicht, Reeves ist eben Neo, John Wick, Ted Logan, John Constantine oder, in der Gaming-Welt, Johnny Silverhand. Und dennoch: Reeves sonnt sich als Musiker nicht in seinem Hollywood-Ruhm. Sondern er genießt es merklich, in einer Band zu spielen. In seiner Band genauer gesagt, Dogstar, 1991 gegründet, 2002 aufgelöst, seit 2022 wieder aktiv.

Johnny Depp, das meinen viele Kritiker und Kritikerinnen seiner musikalischen Fähigkeiten, gleiche in erster Linie einem Hollywood-Star, der auf der Bühne einen Rockstar spielt. Ein begnadeter Poser mit Piratenhabitus und einer bei den Fußknöchel hängenden Gitarre, aber mit wenig großen Ideen oder gar Fähigkeiten, wie Guns-N‘-Roses-Entdecker Tom Zutat einst attestierte. Wir haben das an dieser Stelle ja bereits analysiert. Keanu Reeves aber legt seine Rolle in der Band ganz anders an. Beziehungsweise: Er spielt gar keine. Werfen wir doch einen Blick auf ein paar Live-Aufnahmen von Dogstar, um das etwas näher zu beurteilen. Etwa auf einer Liveversion des Stücks „Sleep“, live aus dem Capitol Theatre in New York aus dem Jahr 2023.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Dogstar sind eine klassische Alternative-Rock-Band. Ein Trio mit Bret Domrose an Gesang und E-Gitarre, Robert Mailhouse am Schlagzeug, Reeves am Bass. Backingtracks gibt es, so hat es bei dem Livevideo den Anschein, definitiv keine, die Rollen sind klar verteilt. Domrose spielt oft halbverzerrte Akkordzerlegungen und Powerchords, manchmal geht er in kleinere Leadparts über. Reeves macht dabei das, was ein Bassist in diesem Kontext eben macht: er unterlegt das Fundament. Er spielt Achtelnoten, konzentriert sich meist auf Grundtöne, Oktaven, vielleicht die Quinte, und kleinere Verzierungen, streut nicht allzu weit aus. Er spielt viele Achtelnoten, nutzt dafür ein Plektrum.

Keanu Reeves: „Ich wollte einfach Bass spielen“

Das Wichtigste an Keanu Reeves‘ Spiel ist: Es dient dem Song. Solide, tadellos. Er gönnt sich keinen Solo-Spot, keine populistischen Sperenzchen oder Experimente. Er ist Bassist in einer klassischen Alternative-Rock-Band und diese Sache macht er gut. Völlig egal, ob er Neo, Wick, Ted oder Johnny Silverhand ist.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Das Schöne an Reeves, sein Video für Fender hat das einmal mehr gezeigt, ist, wie viel Spaß er am Bassspielen hat, wie sehr er es liebt, den Precision in der Hand zu haben und einen Song zu spielen, Songs zu schreiben, in einer Band zu sein. „Was ich an diesem Stück Holz mag, ist die Physikalität, das Gefühl in der Hand. Wenn ich es höre, dann vibriere ich mit den Basstönen. Es hat einfach zu mir gesprochen“, sagt er im Video – und riecht an seinem Bass. „Riecht gut“, merkt er an. Der Snifftest – also nein, kein Zweifel: Der Mann, den man auch Neo nennt, ist ein waschechter Bassist.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates