Chris Isaak

First Comes The Night 

Der alterslose Tollenträger hat in Nashville ein Album aufgenommen, das eher nach Crooner-Pop klingt als nach Country

Hat sich gut gehalten, die schönste Tolle aus Stockton. Mit fast 60, sagenhafte 31 Jahre nach dem fulminanten Debüt, „Silvertone“. Nach vagen Moder­nisierungsversuchen markierte die späte Sun-Hommage „Beyond The Sun“ 2011 seine Rückkehr zum Trademark-Sound. Da lag Nashville nicht nur geografisch nahe, zumal die Studiopreise dann doch nicht so hoch waren wie vermutet. Zudem waren dort mit Paul Worley (Dixie Chicks) und Dave Cobb (Jason Isbell) gleich zwei sympathisierende Produzenten gefunden. Dazu, kurz die Music Row runter, geeignete Koautoren, die nicht nur Fließband können, etwa Natalie Hemby (Miranda Lambert).

Ein reines Country-Album ist „First Comes The Night“ jenseits der wirklich schönen Genrenummer „The Way Things Really Are“ jedoch nicht geworden. Vielmehr ist Isaak wieder bei der Sorte aus Rock’n’Roll geborenem Crooner-Pop angekommen, wie er sie früher mal gemacht hat. So klassisch wie beim Titelsong klang Isaak schon länger nicht mehr. Auch supersmooth kann er immer noch prima („Kiss Me Like A Stranger“; „Perfect Lover“ mit Mariachi-Touch). Aber inzwischen ist in Isaak daneben eine fiesere Gangart gewachsen, jenseits des „Wicked Game“-Weichzeichners, wenn es gilt (und bei ihm gilt es oft), die Scheiterhäufchen ewiger Geschlechter­anziehung zusammenzukehren. Der ernüchterte cheatin’ song „Please Don’t Call“ ist das beste Beispiel.

Zwischendurch reicht Isaak musikalisch Abenteuerlicheres wie„Baby What You Want Me To Do“, ein Amalgam aus Gypsy Music, Tex-Mex-Orgel und Streicherkulisse. Auch die robuste Loner-Reflektion „Insects“ hätte man nicht unbedingt von ihm erwartet. „Bad ideas are like insects on the windshield of my mind“, verkündet er. Freie Sicht hatte er zweifellos für „Down In Flames“, das die Frühverbrannten des Metiers rasant und augenzwinkernd ins Visier nimmt, mit der wie für ihn speziell geschnitzten Sentenz „Elvis died – or did he? They’re looking for him still …“. Chris Isaak ist der Einzige, der das singen und fünf Songs später mit „Don’t Break My Heart“ glauben machen kann, ER weile vielleicht tatsächlich noch unter uns.