Diverse – Theme Time Radio Hour :: Songs, die Dylan gern vorstellt – ohne Dylans Moderation

Die Tatsache, dass in dieser Auswahl gleich vier Songs aus Folge 3 von Dylans jeweils auf ein Thema konzentrierter „Radio Hour“ auftauchen, soll uns wohl bedeuten, dass die Herausgeber genau dies Thema („Drink“) doch für ein ganz zentrales und außerordentlich wichtiges halten. Über das unerschöpfliche Thema Alkohol(ismus) singen Lonnie „The Cat“ („I Ain’t Drunk“), George Zimmerman & The Thrills („Ain’t Got The Money To Pay For This Drink“), Betty Hall Jones („Buddy, Stay Off The Wine“) und als Jüngste der vier Mary Gauthier („I Drink“).

Was uns diese Auswahl von insgesamt 50 aus über 800 in den Sendungen gespielten Aufnahmen sagen will, wird deswegen nicht unbedingt klarer. Die ist diesmal als mittlerweile dritte Doppel-CD dieser Art wohl von Dylan autorisiert. Dass es sich um Autnahmen handelt, die Dylans musikalisches Schaffen in irgendeiner Phase beiläufig oder nachhaltig beeinflussten, darf man diesmal füglich bezweifeln. Aber was er — und danach die für diese Auslese verantwortlichen drei Herren – uns an Erkenntnissen vermitteln will, darüber muss jeder für sich selber spekulieren. O-Ton Dylan aus den Sendungen, die Songs launig kommentierend, blieb auch hier gänzlich ausgespart. Für den muss man sich in einschlägigen Zirkeln bemühen.

Mutmaßlich typisch für Dylans Auswahlprinzipien: In manchen Fällen hat er berühmte Originalaufnahmen von Klassikern einer Gattung gespielt, etwa „Mother Earth“ in der

Urfassung von Memphis Slim für Vee-Jay und nicht eine der späteren, teilweise mindestens ebenbürtigen und manchmal sogar noch inbrünstiger vorgetragenen Deutungen. Womit er wohl dem Interpreten seinen Respekt bezeugen möchte, in dessen Aufnahme er dieses große Lied kennenlernte. Ahnlich kann man das im Fall von „Cool Water“ sehen, dem Klassiker, der hier im Original von 1945—die Sons Of The Pioneers mit ihrer Aufnahme für RCA auftaucht. Es gab später ein paar mindestens so tiefgründig und fesselnd vorgetragene Aufnahmen davon. Aber es war wohl diese erste, die Dylan immer am meisten faszinierte. Ganz anders dagegen „Pouring Water On A Drowning Man“, bei der er unter allen die spätere Einspielung von James Carr bevorzugte. Der klassische Fall von einem Song, bei dem sich der Interpret die Vorlage gänzlich „aneignete“.

Unter dem Aspekt ist dann besonders reizvoll, dass man „Pistol Packin‘ Mama“ als einzige Komposition in zwei Aufnahmen geboten bekommt, nämlich im Western Swing/Country-Original von AI Dexter 6? His Troopers von 1942 und gleich danach in der Doo Wop/Rhythm ist Blues-Fassung der Hurricanes, zehn Jahre später für King aufgenommen, von der Firma aber nie veröffentlicht, hier erstmals auf CD zu hören. Ein Song für alle Jahreszeiten, immer neuen Interpretationen offen.

Überhaupt war man wohl besonders stolz darauf, weitestgehend unbekannte – und zu Unrecht nicht längst wiederentdeckte-Aufnahmen wie die New-Orleans-R&rB-Ballade „I Walk In My Sleep“ von Berna-Dean alias Bernardine Washington zu präsentieren. Ein paar andere sollten wirklich schon in jeder besseren Plattensammlung vorhanden sein, beispielsweise das berühmte „He Will Break Your Heart“ von Jerry Butler, Billie Holidays „Good Morning, Heartache“, der „Me And My Chauffeur Blues“ von Memphis Minnie und „Walk A Mile In My Shoes“ nicht von Elvis, sondern in der Urfassung von Joe South. Aber Entdeckungen kann man hier immer wieder machen.

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