Sheryl Crow

Wildflower

A & M Reco (Universal) 23.09.2005

Ernsthafter Seelenputz, musikalisch leider nicht stringent umgesetzt.

Sheryl Crow hat ihre Dämonen satt: Nachdem das letzte Album krampfhaft unbeschwert war, geht es auf dem neuen um musikalische und inhaltliche Ehrlichkeit. Crow hatte eine schwere Zeit, war depressiv und unglücklich über das Alterwerden, aber jetzt soll nicht mehr weggerannt, sondern ein umfassender Seelenputz vorgenommen werden.

Tatsächlich markiert „Wildflower“ Crows Rückkehr Zum lyric driven song; man spürt an vielen Stellen, daß die Innenbetrachtungen ernsthaft und die Lieder nicht bloß gedachte Singles sind. Leider traut sich Crow aber nicht, ihren zurückgewonnenen Sinn für glaubhafte Musik auch in eine entsprechende Produktion umzusetzen. John Shanks (Joe Cocker, Ashlee Simpson, Alanis Morissette) macht auf „Wildflower“ nämlich, was er am besten kann: eine Kulisse aus weich geklopften Trommeln, radiokompatibler Komprimierung und mit vielen Streichern hinterlegten Oberflächen, die jedes Signal unangenehm verschwimmen lassen.

Angesichts schöner Lieder wie „I Know Why“ (zwei Akustische plus Banjo), „Perfect Lie“ (apathisch-dramatischer Gesang, Neil-Young-Schlurftempo) und „Where Has All The Love Gone“ (Bush-Schelte zu Klavier und Zwölfsaitiger) ärgert das sehr, weil man hier gern ganz direkt dabei wäre, nicht nur hinter einer Glasscheibe. Aber so ganz will Crow eben die Option aufs große Geschärt nicht ziehen lassen und geht deshalb mit ihrer bislang poppigsten Produktion einen Kompromiß ein.

Andere Lieder bleiben von Shanks‘ Breitwandproduktion allerdings unbeschadet: Das zu chromatischen Akkorden tief schürfende Titellied ist beachtlich; , Always At Your Side“ singt Crow mit reifem Ausdruck zum Klavier; und „Chances Are“ hat jene an Jimmy Page geschulte, leicht orientalische Harmonik, die bereits auf den „Globe Sessions“ bestens funktionierte.

Womöglich ist sich Sheryl Crow übrigens der Kompromißhaftigkeit von “ Wildflower“ bewußt: Angeblich wird der Deluxe-Version des Albums ein zweiter Tonträger beiliegen, auf dem alle Songs in akustischer Version zu hören sind.