Die amerikanische Songschreiber-Ikone JAMES TAYLOR kehrt nach fünf Jahren mit einer unaufgeregten Reflexion über das Altern zurück

Es gibt Alben, die sind so aufwühlend und zwingend, dass man sich die Popwelt ohne sie gar nicht mehr denken kann; sie sind Teil des eigenen Bewusstseins oder der Soundtrack eines bestimmten Lebensabschnittes geworden. Man kann sich an den Tag erinnern, als man sie im Laden erstmals in den Händen hielt. Dylans „Time Out OfMind“ oder ,Js This It“ von den Strokes zum Beispiel, vielleicht auch „Heartbreaker“ von Ryan Adams „October Road“ von James Taylor fallt sicherlich nicht in diese Kategorie. Das Album hat vermutlich den Stellenwert eines Blinddarms oder eines FDP-Kanzlerkandidaten, ist aber längst nicht so unangenehm. Entspannte Songs mit schönem Picking und samtener Stimme. Wie singt er auf „My Travelling Star“: „One more highway song.“ James Taylor scheint das zu wissen und steht daher nur für ein äußerst kurzes Telefoninterview zur Verfügung, das er mit Nettigkeiten zustellt.

Keine Frage, dass er mittlerweile zu einer amerikanischen Ikone geworden ist. Sein erstes „Greatest Hits „-Album verkaufte seit 76 über zehn Millionen Exemplare, und Kritikerlegende Lester Bangs nannte ihn 1974 nicht ganz zu unrecht einen Punk, weil es Taylor niemals etwas ausmachte, seine eigene Zerschossenheit zur Schau zu stellen: „Ich wette, wenn er nicht das sensible Genie‘ ist, ist er ein heruntergekommener Kerl, der sich für nichts auch nur einen Scheiß interessiert.“

Aus seiner psychischen Angeschlagenheit hat James Taylor tatsächlich nie einen Hehl gemacht und war – Heroinsucht hin oder her – doch immer der brave Chronist der amerikanischen Psyche. Nicht hemdsärmelig wie Bruce Springsteen, sondern gefühlig – mit einer Messerspitze Humor.

Mittlerweile mit der dritten Frau und Kind gesetzt und sesshaft geworden, feiert er die neue Gelassenheit. Die Dichte, mit der sich auf „October Road“ Betrachtungen über das Altern unter Titeln wie „Mean Old Man“ finden, ist schon beachtlich. Ein System steckt jedoch nicht dahinter: „Uh, weißt du, es gab da kein bestimmtes Konzept. Das Alter ist halt ein Thema neben vielen anderen. Aber deine Interpretation ist so gut wie meine.“ Sein Image des Sensibilisten und selbstmitleidigen Softies scheint ihn nicht weiter zu stören: „V&nn du meine Musik als sentimental und selbstzentriert bezeichnen willst, würde ich zustimmen. V&nn du das magst, hör’s dir an, wenn nicht, zwingt dich ja niemand dazu.“ Lester Bangs war für diese Art der Toleranz nicht zu haben und wünschte sich, Taylor mit einer abgebrochenen Flasche zu massakrieren. Es ist alles eine Frage der Interpretation.

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