Jason Falkner im Interview: „Jeder Tag im Studio mit Paul McCartney war ein einziger ‚Kneif mich mal‘-Moment!“

Für manche ist er ein Mann im Hintergrund, aber in Wirklichkeit ist Jason Falkner seit Anbeginn seiner Karriere umtriebig. Über Vergangenheit und Gegenwart sprach der Kalifornier mit ROLLING-STONE-Autorin Ina Simone Mautz.

Jason Falkner ist seit 15 Jahren Gitarrist von Beck, gehörte zu Zeiten von „10.000 Hz Legend“ zur Band von Air, arbeitete mit Paul McCartney und Glen Campbell zusammen und spielte jüngst den kompletten Bass für „Who Built The Moon?“ von Noel Gallagher’s High Flying Birds ein. In den Neunzigern war der 1968 in Los Angeles geborene Musiker Mitglied der Powerpop-Band Jellyfish, danach veröffentlichte er Soloalben und 2017 eine gemeinsame Platte mit Weirdo-Sänger R. Stevie Moore. Der umtriebige Kalifornier, der auch als Produzent aktiv ist, verriet ROLLING STONE einiges über seine hochkarätigen Kollaborationen, über seinen ehemaligen Label-Boss Prince und über die Platten, die ihn nachhaltig geprägt haben.

Wie sind Sie musikalisch aufs Gleis gesetzt worden? Welche drei Platten haben Sie nachhaltig geprägt?
Ich war angeblich schon immer absolut versessen auf Musik. Zumindest erzählen meine Eltern, dass ich bereits Klavier spielte, bevor ich überhaupt die Tasten richtig erreichte. Ich stand am Piano und irgendwo über meinem Kopf klimperte ich herum! Mein Vater hatte ein paar ziemlich coole Platten, die ich mir als Kleinkind anhörte und die mich wahrscheinlich fürs Leben gezeichnet haben. „Da Capo“ von Love gehörte dazu, das fand ich so richtig angsteinflößend und gleichzeitig irre faszinierend; ebenso Pink Floyds „The Piper At The Gates Of Dawn“ – auch ein ziemlich furchterregendes Album für einen Dreijährigen. Procol Harum, CSNY und so weiter, diese Platten haben mich auf einen Weg des Experimentierens geleitet, auf dem ich mich bis heute befinde. Wenn ich 3 Platten auswählen müsste, die für mich über die Jahre hinweg von Bedeutung waren und einen tiefen Einfluss auf mich hatten, dann wären es diese hier:

 Television – „Marquee Moon“ (1977)

Dieses Album hat mich beim ersten Hören direkt umgehauen. Es ist so organisch und dynamisch und das Zusammenspiel so klassisch und inspiriert – nicht nur das von Tom Verlaine und Richard Lloyd, sondern auch das von Bass und Schlagzeug. Verlaines Stimme ist natürlich polarisierend, weil sie die üblichen vokalen Requisiten, die man sonst mit diesem Genre assoziiert, komplett vermissen lässt: Da ist nichts Autoritäres und auch keinerlei Posertum. Aber dieses Fragile, Geheimnisvolle – das ist so einzigartig und fesselnd! Die Relevanz dieser Platte für mich kann ich gar nicht genug hervorheben.

The Beach Boys – „Endless Summer“ (1974)

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Es wäre naheliegend, „Pet Sounds“ oder „Smile“ auszuwählen und ja, grundsätzlich wären das auch die Platten, die ich von ihnen am meisten liebe. Aber abgesehen davon, dass „Endless Summer“ die erste Platte war, die ich von meinem Taschengeld gekauft habe (ich war 7), sind da die frühen Liebeslieder der Beach Boys drauf, die für mich der reinste Ausdruck eines Teenagerherzens sind, der jemals auf Vinyl gepresst wurde. Lieder wie „The Warmth Of The Sun“, „In My Room“ und „Don’t Worry Baby“ sind unfassbar schön, ahnen aber gleichzeitig auch bereits die Sollbruchstellen und die Düsternis in Brian Wilson voraus, die dann ein paar Jahre später zum Vorschein kommen sollten.

 The Damned – „The Black Album“ (1980)

Von den Beach Boys zu The Damned … tja, so bin ich! Ich war ungefähr 15, als ich diese Platte zum ersten Mal hörte und ich dachte zunächst, das wäre auch so etwas wie der ganze andere Punk-Kram, den ich mir damals reinzog … aber nein! Das ist erhabener, experimenteller Rock’n’Roll, der mich total gepackt hat und The Damned auf Lebenszeit einen Platz unter meinen All-time-favourites gesichert hat. „Wait For The Blackout“ ist ein absolut  himmlisches, mysteriöses Motörhead-meets-Psych-Rock-Stück, das einfach nie nachlässt. 

 Und auf welche 3 Ihrer eigenen Songs sind Sie besonders stolz?

„I Don’t Mind“

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Ist bislang nur auf der japanischen Version meiner Platte „I’m OK, You’re OK“ (2007) erschienen, aber eines Tages werde ich das Stück noch mal neu aufnehmen und veröffentlichen. Der Text ist sehr nachdenklich, ich habe ihn nach dem Ende einer langen Beziehung geschrieben – man kann den Schmerz, durch den ich damals ging, förmlich hören. Ich finde, das ist bis heute eine der besten Verschmelzungen unterschiedlicher musikalischer Abschnitte, die ich je hingekriegt habe.  

„See You Again“

Das Stück ist im Studio entstanden (was bei mir nur sehr selten vorkommt) und meine damals neue Freundin befand sich mit meinem Co-Produzenten Nigel Godrich im Kontrollraum, während ich am Text herumfeilte und ihn dann schließlich einsang. Seltsamerweise geht es hier um dieselbe Frau wie in „I Don’t Mind“, aber aus der Perspektive des Beziehungsbeginns. Ich wollte jedenfalls eine klangliche Atmosphäre kreieren, die diese frühe Verliebtheitsphase einfängt. „Walk me through your maze / I promise I won’t stray“ („Führ‘ mich durch Dein Labyrinth / Ich verspreche, dass ich mich nicht verirren werde“) – das sagt ja wohl schon alles! 

„Nobody Knows“

Ich kann mich nicht erinnern, jemals so inspiriert gewesen zu sein, wie zu der Zeit, als ich mein Solodebüt „presents Author Unknown“ (1996) aufnahm. Ich war zum ersten Mal in einem richtigen Aufnahmestudio und wurde tatsächlich dafür bezahlt, meine eigene Musik zu machen und diese ganzen Instrumente zu spielen! Viele Leute missverstehen total, warum ich das alles mache und denken, das sei so ein Ego-Ding – dabei ist es das exakte Gegenteil. Ich habe allerdings eine sehr klare Vorstellung davon, wie etwas klingen soll und dann findet man sich im Studio durchaus in Konversationen wieder, die sich ungefähr so anhören: „Spiel das Schlagzeug so, als wärst Du 15 und als müsstest Du umgehend sterben, wenn Du in diesem Take nicht mindestens ein Schlagfell demolierst!“ Oder: „Das Schlagzeug klingt etwas schleppend. Warum spielst Du es nicht einfach kurz vor dem eigentlichen Beat, so als wäre es in Eile?“ Wie dem auch sei, zurück zum Song: Am meisten mag ich daran diese kleinen, experimentellen Ambient-Accessoires. Und den Refrain!

Sie waren Gitarrist in einer Band namens The Three O’Clock. Deren letzte Platte „Vermillion“, an der Sie mitwirkten, wurde 1988 auf Paisley Park Records veröffentlicht, Label-Boss Prince schrieb den Song „Neon Telephone“ für das Album. Wie ist es dazu gekommen? Und: Haben Sie Prince jemals getroffen?
Ich war damals gerade aus Alaska zurückgekehrt, wo ich in einer Konservenfabrik gearbeitet hatte, und ich wollte unbedingt eine Band gründen! Es gab in L.A. ein kostenloses Anzeigenblatt namens „The Recycler“ – dort habe ich eine Annonce geschaltet, mit der ich nach Mitmusikern suchte. Ein Stückchen unter meiner Anzeige war eine von The Three O’Clock, die auf der Suche nach einem Gitarristen waren. Das hat mich erstmal umgehauen, denn ich war während meiner High-School-Zeit riesiger Fan von ihnen und hatte sie diverse Male live gesehen. Ich rief also die Nummer an und am anderen Ende der Leitung war tatsächlich Danny, der Drummer! Ich konnte es nicht fassen! Wir haben dann erstmal ewig gequatscht und ein paar Wochen später durfte ich dann vorspielen – und wurde genommen. Ich dachte natürlich, ich würde direkt einen fetten Scheck kriegen, das ist aber nie passiert. Die erste von vielen Musik-Biz-Enttäuschungen! Das neue Material von The Three O’Clock war dann auch komplett anders als die Songs, die ich von ihnen so geliebt hatte, das war schon eine gewisse Herausforderung. Wir nahmen die Platte in L.A. auf und bekamen immer mal wieder einen Anruf, dass unser Label-Boss Prince im Anmarsch sei und dass jeder, der nicht zur Band gehöre, sich schleunigst verdünnisieren solle. Nun ja, Prince ist nie tatsächlich aufgetaucht. Aber ich habe ihn dann doch noch getroffen, als er alle Paisley-Park-Records-Künstler nach Minneapolis einfliegen ließ, zum Konzert seiner „Lovesexy“-Tour. Es gab eine gigantische Aftershow-Party im Paisley Park, auf der Prince, George Clinton etc. noch weitere drei Stunden jammten! Danach stand ich mit Jill Jones (für die ich immer noch schwärme) zusammen und plötzlich fiel uns auf, dass sich in der Mitte des Saals ein kleiner Kreis bildete, der dann durch die Menschenmenge wanderte. Ich meinte zu Jill: „Ich wette, in der Mitte ist Prince!“ Und als der Kreis sich uns näherte, kam er tatsächlich zum Vorschein. Großes „Hallo“ natürlich! Als Jill uns vorstellen wollte, unterbrach Prince sie und sagte: „Ich weiß, wer er ist.“ Und dann sagte er zu mir: „Du bist ein wirklich großartiger Gitarrist!“ Was für ein irres Erlebnis.  

 The Three O’Clock – „Jet Fighter“ (live 1990)

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 Ich nenne Ihnen jetzt mal einige Musiker, mit denen Sie zusammengearbeitet haben und Sie sagen mir, was Ihnen spontan zu diesen Kooperationen einfällt …

 Air – Falkner gehörte während der „10.000 Hz Legend“-Ära zur Band

Mit diesen Typen zu spielen, war eine lebensverändernde Erfahrung für mich. Jedes Konzert ein erhabenes Ereignis. Alleine die Licht-Show war legendär! Während der drei Jahre, die ich zu Air gehörte, sind wir ständig getourt und uns sehr nahe gewesen. Letztes Jahr hatte ich mal wieder einen Gastauftritt bei ihnen, als sie im Greek Theatre in L.A. spielten. Ach, ich vermisse die beiden!

Air feat. Beck & Jason Falkner – „How Does It Make You Feel?“ (live at Greek Theatre, Los Angeles, 25.6.2017)

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Beck – seit „Sea Change“ (2002) ist Falkner Becks Studio- und Livegitarrist

Ein lieber Freund. Ich genieße es sehr, mit ihm Platten aufzunehmen und zu touren. Beck ist jemand, der immer ein großes Ganzes entstehen lässt. Wir haben unzählige gemeinsame Geschmacksreferenzen in Bezug auf Musik, Film und Kunst – also langweilig wird’s uns nie!

Jason Falkner auf der Bühne mit Beck Japan, Oktober 2017

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 Paul McCartney – auf „Chaos And Creation In The Backyard“ (2005) spielte Falkner Gitarre (E-Gitarre auf „At The Mercy“ und klassische Gitarre auf „A Certain Softness“)

Was soll ich sagen? Der Mann gab mir den Spitznamen „Jase“ und jeder Tag mit ihm im Studio war ein einziger „Kneif mich mal“-Moment. Ich erinnere mich an den ersten gemeinsamen Aufnahme-Moment, es wurde gerade ein Song live eingespielt, der Schlagzeuger befand sich in einem anderen Raum. Es war etwa der dritte Durchlauf und ich spacete gerade so richtig mit der Akustikgitarre ab, als Paul wild gestikulierte. Er murmelte: „Wo im Arrangement sind wir?“ Als ich in mein Gitarrenspiel versunken war, wusste ich genau, wo wir waren, aber nach dieser abrupten Unterbrechung hatte ich sogar vergessen, dass ich mit Paul McCartney im Studio war! Ich murmelte nur zurück: „Puh, keine Ahnung.“ und das war’s dann mit dem dritten Take.

Glen Campbell – auf „Meet Glen Campbell“ (2008) und „Ghost On The Canvas“ (2012) spielte Falkner Gitarre und Bass

Ich bin so ein großer Fan von Glen Campbell gewesen, besonders von seinem umwerfenden Hit „Wichita Lineman“! Ich trug zu seinen beiden Alben „Meet Glen Campbell“ (2008) und „Ghost On The Canvas“ (2012) bei, ohne ihn persönlich zu treffen. Aber als wir dann alle zusammenkamen für seinen Auftritt in der „Jay Leno Show“, begegnete ich ihm dann endlich. Während des Soundchecks sah er mich ständig so irritiert an. Dann stellte uns der Typ, der das Album produziert hatte, einander vor und erklärte Glen, dass ich an der Platte mitgewirkt hatte. Das änderte aber nichts daran, dass er mich so komisch anstarrte. Und dann sagte Glen schließlich: „Verdammt, ich denke die ganze Zeit, Du wärst eins meiner Kids!“ Was auch deswegen lustig war, weil sein Sohn Cal am Schlagzeug saß. Das wurde dann zum Running Gag zwischen uns und ich fragte Glen dann einfach: „Kann ich ‚Dad‘ zu Dir sagen?“ Ich habe immer noch dieses Grinsen vor Augen, das ich als Antwort bekam.

 Glen Campbell – „Times Like These (Foo-Fighters-Cover)“ live in der Jay Leno Show, September 2008
Falkner rechts an der Akustikgitarre.

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 Noel Gallagher & The High Flying Birds – für „Who Built The Moon?“ (2017) spielte Falkner den kompletten Bass ein

Mein Kumpel David Holmes hat „Who Built The Moon?“ von Noel Gallagher’s High Flying Birds produziert und schickte mir die Rhythmusspuren, zu denen ich mir dann den Bass ausdachte und manchmal hatte ich auch Ideen zur Songstruktur. Noel und ich waren während der Arbeit an der Platte nie im selben Raum, aber es war cool, an dem Album mitzuwirken und schließlich zu hören, wie magisch es geworden ist! Noel hat mir nach der Veröffentlichung eine SMS geschickt und mir bei nächster Gelegenheit einen zünftigen Rock’n’Roll-Abend versprochen. Ich freue mich darauf!

Noel Gallagher’s High Flying Birds – „The Man Who Built The Moon“

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Haben Sie eine Lieblings-Studio-Erinnerung, sei es nun als Musiker oder als Produzent? 

Es ist schwer, einen bestimmten Lieblingsmoment rauszupicken, weil ich diese besonderen, transzendentalen Momente fast mit jedem Künstler erlebe, mit dem ich zusammenarbeite. Meine absolute Lieblings-Aufnahme-Erfahrung war aber die zu meiner ersten Soloplatte „presents Author Unknown“. Ich war 27 und Feuer und Flamme. Die Banderfahrungen vorher fand ich eher kreativ einengend und frustrierend. Es ist aber auch echt verzwickt, in einer Band Musik zu machen, wenn Du nicht nur exakt weißt, wie jedes Instrument gespielt werden sollte, sondern wenn Du es zudem auch noch selbst spielen kannst…  

Jason Falkner – „Author Unknown (live)“ (der eigentliche Titeltrack von Falkners 1996 erschienenem Solodebüt „presents Author Unknown“ wurde erst 3 Jahre später auf „Can You Still Feel?“ veröffentlicht)

https://www.youtube.com/watch?v=i37xQdeGdBc

Man liest, dass Sie – wenn Sie auf Ihren Alben alle Instrumente selbst einspielen – sich bewusst in verschiedene Rollen hineinbegeben, das sei eine mentale Übung. Wie genau funktioniert das?
Ich begann meine musikalische Reise mit klassischem Klavierunterricht, den ich von meinem 6. bis zu meinem 16. Lebensjahr genoss.

Der Klavierunterricht hat sich ausgezahlt: Jason Falkner – „The Only Living Boy In New York (Simon-&-Garfunkel-Cover, live in Tokyo, 2017)“

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Parallel dazu ging meine Fern-Liebesaffäre mit der E-Gitarre los – wegen all der tollen Musik, die im Radio lief, als ich ein Kind war: E.L.O., Cheap Trick, Queen, The Beatles usw. Ich sage „Fern-“, weil meine Eltern es so lange wie möglich hinauszögerten, mir eine Gitarre zu schenken, da sie vermutlich ahnten, dass mich das vom Klavier wegholen würde – was letztendlich auch so war. Mit ungefähr 9 Jahren bekam ich zudem ein Schlagzeug, weil ich meine Mutter durch die Küche verfolgte und auf ihrem Allerwertesten herumtrommelte! Also bestand sie gegenüber meinem Vater darauf, dass er mir dringend ein Drumkit kaufen müsse. Das Ding ist, dass all diese Instrumente in meinem Herzen einen gleichwertigen Platz einnehmen, so dass ich, wenn ich einen Song zusammenbastle, auch alle Einzelteile als gleichwertig betrachte. Das kann knifflig sein, wenn man ein Stück so klingen lassen möchte, als sei es von verschiedenen Personen – also von einer Band – eingespielt worden. Deswegen stelle ich mir, wenn ich Bass spiele, manchmal vor, ich sei Peter Farndon (der erste Pretenders-Bassist) oder Colin Moulding von XTC. Das verschafft mir eine etwas objektivere Perspektive und ich spiele dann anders, als ich es sonst tun würde. Natürlich ist das nicht immer der Fall, aber es ist eine Möglichkeit, alleine eine Platte aufzunehmen und trotzdem wie eine Band zu klingen. 

The Grays – „Very Best Years“ (1994, der junge Jason als Frontmann der gemeinsamen Band von Falkner und Jon Brion)

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Sie erwähnten einmal, dass eines Ihrer Lieblingszitate zum Thema „Plattenproduktion“ von Todd Rundgren stammt, der sagte: „Wenn Du weißt, was Du willst, dann helfe ich Dir, es zu bekommen. Wenn Du nicht weißt, was Du willst, werde ich mich für Dich darum kümmern.“
Ja, das stimmt, das ist mein Lieblingszitat und entspricht auch meiner eigenen Herangehensweise. Ich habe das Glück, dass ziemlich viele Menschen an mich herantreten und mit mir als Produzent zusammenarbeiten wollen. Mit anderen Worten: Ich muss keine Klinken putzen gehen. Generell nehme ich aber nur mit Künstlern auf, mit denen ich auch wirklich hundertprozentig zusammenarbeiten möchte, so dass ich von der Musik schon begeistert bin, bevor wir sie überhaupt eingespielt haben!

Bent van Looy – „Flowers And Balloons“. Höchst sympathischer Piano-Pop aus Belgien, produziert von Jason Falkner – der gerade in Los Angeles das neue Album des pianierenden Singer-Songwriters, einst Kopf von Das Pop, aufnimmt

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Was war der beste künstlerische Ratschlag, den Sie jemals bekommen haben?
Den besten Ratschlag habe ich von Jonathan Richman bekommen. In den späten Neunzigern lud er mich ein, ein paar Shows für ihn zu eröffnen. Nach dem ersten Konzert im „Roxy“ in L.A. fuhren wir gemeinsam runter nach San Diego, wo mein zweiter Support-Gig für ihn stattfinden sollte. Kurz vor meinem Auftritt rief er mich in seine Garderobe, er wolle mit mir reden. „Warum bist Du so geladen?“, begann er, woraufhin ich entgegnete: „Äh, also ich weiß nicht – ich bin doch gar nicht geladen?“ Er wies mich dann auf meine Attitüde während meines Sets am Vorabend hin und zitierte mich, wie ich sagte: „Ich bin Jason Falkner und ich werde eine Menge neues Material spielen – wer also Songs vom ersten Album erwartet, hat Pech gehabt!“ Ich hatte das tatsächlich gesagt, aber das war nun mal mein Humor und um ehrlich zu sein, haben bzw. hatten all meine Helden (Elvis Costello, Andy Partridge, Joe Strummer) einen recht antagonistischen Bühnen-Stil. Jonathan fuhr fort: „Du hast doch alles, was Du brauchst: Die Girls sind ganz bei Dir, die Typen auch. Und Du schreibst tolle Songs! Also hör‘ mit dieser doofen Bühnen-Attitüde auf!“ Ich fühlte mich damals natürlich irgendwie verletzt und missverstanden, aber letztendlich ist das, was er mir riet, bis heute hängen geblieben und ich wusste es nachträglich sehr zu schätzen. 

Jason Falkner – „Eloquence (live)“ (von seinem zweiten Soloalbum „Can You Still Feel?“, 1999)

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2017 haben Sie ein Album namens „Make It Be“ veröffentlicht, gemeinsam mit dem Weirdo-Musiker R. Stevie Moore. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Die Idee zu „Make It Be“ ist entstanden, als Stevie in Los Angeles war, um mit unserem gemeinsamen Freund Ariel Pink zusammenzuarbeiten. Die beiden sind in mein Studio gekommen und nahmen dort die „Ku Klux Glam“-Single und das dazugehörige Album auf. Während dieser Zeit begannen Stevie und ich darüber zu reden, dass er doch noch mal herkommen könnte und wir dann was Eigenes aufnehmen könnten. Mein erster Kontakt mit R. Stevie Moores Musik war allerdings bereits in den Neunzigern, in einem Plattenladen. Als ich die gebrauchten 10″-Vinyls durchstöberte, bin ich über diese irre Scheibe gestolpert, auf deren Hülle das Beatles-„Revolver“-Cover zu sehen war, aber die Visage von diesem seltsam aussehenden Typen war da reinmontiert. Was für eine Frechheit! Selbstverständlich musste ich die Platte kaufen und habe mich dann sofort in Moores meisterhafte Melodien und seinen furchtlosen Sinn für Humor verliebt. Mir fallen nur ganz wenige Künstler ein, deren Musik so ihre Persönlichkeit widerspiegelt, wie das bei R. Stevie Moore der Fall ist. Nach den Aufnahmen mit Ariel Pink ist er dann noch mal für 2 Wochen nach L.A. gekommen und in diesen 14 Tagen haben wir das komplette 55-minütige Album eingespielt (in voller Länge nur auf CD erhältlich, auf Vinyl gibt es eine gekürzte Version). Wir sind uns sehr ähnlich in unserer komplett intuitiven Herangehensweise, künstlerische Entscheidungen treffen wir beide sehr schnell. Es war eine wahre Freude, miteinander zu arbeiten und gegenseitig unsere musikalischen Satzanfänge zu vervollständigen! 

 

Sie arbeiten derzeit an einem neuen Soloalbum. Können Sie dazu schon etwas verraten?
Es ist schwer, überhaupt Zeit zu finden, daran zu arbeiten, angesichts all meiner anderen Projekte! Aber mein neues Soloalbum wird auf jeden Fall noch in diesem Jahr erscheinen. Es wird ziemlich dicht und intensiv. 

Einer der neuen Songs: Jason Falkner – „Angel (live in Tokyo, 2017)“ 

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Haben Sie abschließend noch einen aktuellen musikalischen Geheimtipp?
Die Platte ist schon 2016 erschienen, aber ich liebe die Band Omni und ihr vorletztes Album „Deluxe“. Es ist zwar etwas sperrig, aber auch gleichzeitig wahnsinnig melodisch. Genau mein Ding!

Omni – „Afterlife“ (2016)

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