Jon Bon Jovi

Das erste Konzert Eurer laufenden Tournee habt Ihr ausgerechnet in Bombay gegeben. Wie kam es dazu? Es ist einfach entsetztlich öde, wenn wir jedesmal eine Tour in Florida anfangen. Bombay war ein richtiges Abenteuer. Die Inder haben sehr wenig Erfahrung mit Rock-Shows; wir waren so ziemlich die erste amerikanische Band, die jemals dort aufgetreten ist. Folglich kam ich mir vor wie Indiana Jones. Da laufen tatsächlich immer noch Kamele auf der Straße herum. Die Taxis dort sehen aus wie bei uns die dreirädrigen Golfkarren, bloß daß die in Indien hinten noch ein Klo drauf haben. Über 60 Prozent der Leute in Indien sind extrem arm, aber alle Inder vermitteln ein unglaubliches Gefühl von Frieden, Freude und Freiheit Ich hörte aber, daß die Eltern ihre Kinder schon mit 11,12 Monaten verheiraten. Abeir hey: Auch in Amerika haben wir seltsame Sitten.

Apropos Abenteuer – Ihr seid mit dem eigenen Flugzeug unterwegs. Setzt Du Dich auch einmal hinter den Steuerknüppel?

Nein, ich traue mich noch nicht mal ins Cockpit. Ich sitze lieber hinten und genehmige mir den einen oder anderen Drink. Tico, unser Drummer, fliegt manchmal, aber der kann das auch, der hat einen Pilotenschein. In Deutschland ist das größte Abenteuer für mich, auf der Autobahn zu fahren – und trotzdem zu überleben.

Der Sohn von Dorothea und Dir ist jetzt fünf Monate alt. Warum, um alles in der Welt, habt Ihr ihn Jesse James genannt?

Er sollte Jesse heißen. Da war James irgendwie der logische zweite Name. Vollständig heißt er Jesse James Louis. Ein cooler Name für ein kleines Kind. Seine Schwester wird übrigens morgen zwei. Sie ist mit meiner Frau im Hotel geblieben. Morgen habe ich frei, da besorgen wir Knetgummi und lassen die Kinderparty steigen.

Ist Deine Frau eigentlich die erste, die neue Bon Jovi-Songs hört?

Klar, sie sitzt ja gleich an der Quelle. Glaub mir, Dorothea ist eine beinharte Kritikerin. Sie ist verdammt ehrlich. Wenn ihr ein Song nicht gefällt, schreit sie „Scheiße“, und ich weiß Bescheid.

Die Songs auf Eurem neuen Album „These Days“ sind überwiegend melancholisch, oft schon depressiv. Es klingt fast, als hätte sich Deine Frau von Dir getrennt™ Ich versteh’s auch nicht so recht: Die meisten Songs kommen offensichtlich aus dem Unterbewußtsein.

JON BON JOVI Außerdem schreibe ich viel mit Richie zusammen. Aber ich will gar nicht den Eindruck erwecken, als wolle ich mich für irgendetwas entschuldigen. Es sind einfach Songs, die wir mögen, von jedem ein bißchen. Unterm Strich ist es vielleicht etwas balladesker geworden. Aber ich mag das. Du kannst nicht von uns erwarten, daß wir immer das Gleiche machen – selbst auf die Gefahr hin, daß frühere Fans irritiert sind. Hits kann man ohnehin nicht planen. Wer hätte denn schon ahnen können, daß „Keep The Faith“ in Deutschland so ein Knaller wurde, während das Album in den USA nicht so toll lief. Wenn eine Band nicht wachsen und sich entwickeln kann, ist das „Spinal Tap“-Syndrom unvermeidbar.

Das Image des netten Jungen kriegst Du wohl nie mehr los. Reizt es Dich nicht mal, eine Flasche Whisky zu kippen und anschließend den Fernseher aus dem Hotelzimmer zu werfen?

Meine Güte, Du läßt ja gar kein Klischee aus. Ist doch alles Bullshit. Mein Leben ist keine Masse aus Klischees, auch wenn viele Kritiker das gerne so hätten. Dieser ganze Scheiß ist doch nur in den 70er Jahren passiert. Heute morgen bin ich durch Amsterdam gelaufen, ganz alleine. Ich habe mir Schaufenster angeguckt und eine Tasse Kaffee getrunken. Und wenn ich jetzt hier in ’nen Plattenladen gehen würde… …könnten die den Laden für den Rest des Tages wegen Massenhysterie zumachen. Quatsch, gar nichts würde geschehen! Bodyguards schaffen nichts weiter als eine künstliche Illusion, die ich zumindest nicht brauche. Dieses Rockstar-Ding ist nicht so, wie du dir das von außen vorstellt. Eigentlich ist mein Leben gar nicht so aufregend, wenn wir nicht gerade unterwegs sind. Klingt ja fast so. als würdest Du ’nen Büro-Job machen. Nee, das nun auch wieder nicht Ich muß nicht um neun Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen. Aber die vielen geschäftlichen Entscheidungen, die einfach getroffen werden müssen, genau die nerven mich total. Am liebsten würde ich jeden Morgen erstmal in die Garage gehen und ein bißchen üben.

Aber Tourneen sind phantastisch. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht mindestens einmal denke, daß ich der glücklichste Mann der Welt bin. Der all diese Songs singen darf und der soviel Spaß hat. Und dafür obendrein auch noch großzügig honoriert wird.

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