Kritik: „Game of Thrones“, Staffel 8, Folge 3: Fantasy ohne Fantasie

Die Episode „Die lange Nacht“ zeigt die angekündigte große Schlacht. Doch die Erwartungen waren viel zu hoch. Das Gemetzel bleibt seltsam blutleer und ohne Schrecken.

Dies also ist die Schlacht. Die Rückkehr der Roten Hexe. Eine Vorwärtsverteidigung in die Nacht. Fackeln im Sturm. Haltet die Stellung! Ritte auf Flugdrachen. Die Gegenoffensive der Toten. Unübersichtliches Gemetzel. Zittern in der Krypta. Zündet den Graben an! Bemannt die Mauern! Heldische Schicksale. Die Besitzergreifung der Zombies. Der Auftritt des Nachtkönigs. Bauernopfer. Aryas Todesmut. Und am Ende eine Elegie in Zeitlupe.

  • Achtung, dieser Text enthält Spoiler!

Das Hauen und Stechen hat keine Choreografie: Der geometrische Aufmarsch der Truppen wird aufgelöst in wüsten Kampfszenen, in Fragmenten der Gewalt, in Flammen und Bewegung, Retten, Rennen, Flüchten. Die Armee der lebenden Toten hat keine Gesichter, und sie kämpft recht eigentlich nach alter, nach menschlicher Art.

Den Helden von „Game of Thrones“ geht es an den Kragen
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Die einzige Zauberei bringt Melisandre, die dräuende Hexe, deren Wiederkehr ein wenig oktroyiert wirkt. Tyrion: zur Untätigkeit verurteilt. Sansa: mit dem Dolch in der Hand. Jaime: ein Statist. Jon und Daenerys: im Luftkampf auf feuerspeienden Drachen. Varys: mumpfig bangend in der Gruft. Bran: stoisch im Rollstuhl. Ser Davos: der Türsteher. Samwell: wieder im Würgegriff eines Weißen Wanderers. Arya und der Bluthund: wieder ein Gespann.

Die Schlacht um Winterfell forderte einige Opfer
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„Game of Thrones“ war nie so sehr Fantasy ohne Fantasie wie in „Die lange Nacht“. Es ist Nacht, sie ist lang, die Waffen sprechen, es gibt Scharmützel und Feuersbrünste und Schleudern und Schwerter und Pfeile und Bogen und zerspringendes Eis, mit einem Wort: Es ist eine Konfusion. Alle Löcher müssen Mehl geben.

Die Weißen Wanderer sind entsetzliche Langweiler

Aber anders als bei früheren dezisionistischen Schlachten der Serie hat das Treiben nicht die Aura der Endgültigkeit, das Grauenhafte hat keinen Schrecken. Ser Jorah und Theon werden geopfert. Hätte vor der dritten Episode jemand gefragt, wer sterben könnte, wäre die Antwort gewesen: Ser Jorah. Oder Theon. Na gut: Oder Ser Davos, der ist alt.

Der Nachtkönig im Feuer der großen Schlacht
Der Nachtkönig im Feuer der großen Schlacht

„Game of Thrones“ war immer eine Serie der Verblüffung, der Willkür, des grimmigen Witzes und der funkelnden Dialoge. Das alles fehlte stets, wenn die Weißen Wanderer ins Bild kamen. Die Zombies sind entsetzliche Langweiler und Spielverderber. Sie können nur Tod. Sie sind undankbare Gegner. Man kann nicht gut gegen sie sterben. Sie sagen nichts. Sie haben keine Strategie. Sie haben nichts zu gewinnen. Sie sind tot, und sie laufen herum. Der Nachtkönig gegen Bran: ein Duell des Stierens.

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Das stumme Finale der Metzelei, die Zeitlupe, die seichende Klavier- und Violinenmusik, das Tableau der Verwüstung schließlich und Melisandres Gang in den Schnee: Da ist „Game of Thrones“ noch einmal bei sich, ein loderndes Gemälde, ein Memento mori, eine pittoreske Nachtwache am Ende aller Tage. Aber der Morgen wird dämmern. „Die lange Nacht“ war einfach keine Entscheidungsschlacht. Es war ein Viertelfinale.

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