Rammstein: Was bleibt übrig von den Missbrauchsvorwürfen?

Landgericht Hamburg untersagt Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Teile ihrer Titelstory

Die Anwälte Peer Boris Schade und Sebastian Ott sind in der Hamburger Kanzlei Lichte Rechtsanwälte als Spezialisten für Fälle in der Unterhaltungsindustrie bekannt. Neben Urheberrecht fällt der auch „gewerblichen Rechtsschutz“, also Wettbewerbs- und Markenrecht in ihr Spezialgebiet. In ihrem aktuellen Job geht es um eine etwas andere Angelegenheit: Die Titelberichterstattung des „Spiegel“. Titel der Recherchegeschichte: „Der Fall Rammstein“.

In einer auf der Agentur-Website platzierten Meldung heißt in Juristendeutsch:

„Mit Beschluss vom 05.07.2023 (Az. 324 O 227/23) hat das Landgericht Hamburg dem SPIEGEL die weitere Verbreitung eines Teils der auf dem Titel angekündigten Berichterstattung „Der Fall Rammstein“ (Print) bzw. „Vorwürfe gegen Rammstein – Sex, Macht, Alkohol – was die jungen Frauen aus der „Row Zero“ berichten“ (Online) untersagt.“

Sprich: Teile der spektakulären Rammstein-Story der „Spiegel“-Heftausgabe 24 vom 10. Juni 2023 dürfen nicht weiter (etwa online) veröffentlicht werden.

Im Detail geht es etwa darum, dass der „Spiegel“ behauptet hatte, Gitarrist Richard Kruspe „hätte sich nach einem Konzert in München 2019 lautstark mit Till Lindemann um eine Frau gestritten“.

Die Rechtsanwälte stellen klar: „Diese Behauptung trifft nicht zu. Till Lindemann und ich haben uns weder dasselbe Mädchen ausgesucht noch haben wir uns angeschrien; es gab nach einem Konzert in München 2019 keinen Streit“.

Das Landgericht Hamburg sah in „der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung keine ausreichende Grundlage, da die Zeugin (…) in dieser offenlegt, dass der Grund des Streits nicht auf einer sicheren Kenntnis beruht. Es wurde im Text das Wort „offenbar“ verwendet.

Dazu heißt es: „Aus dieser wird ersichtlich, dass die Zeugin den Grund des Streits nicht aus eigener Wahrnehmung, sondern nur vom Hörensagen kennt.“ Das Richter gehen demnach davon aus, dass die Zeugin gegenüber dem „Spiegel“-Reporterteam den geschilderten Sachverhalt „nicht wie dort niedergelegt geschildert“ habe.

Der „Spiegel“ selbst hat sich bislang zu diesem Beschluss des Landgerichtes nicht näher geäußert.

Vor dem Hintergrund einer Demo-Ankündigung gegen die Berliner Konzerte von Rammstein, kommt der Feststellung der Richter besondere Brisanz zu. Schließlich hatte bereits die Staatsanwaltschaft im litauischen Vilnius die Ermittlungen gegen Sänger Till Lindemann eingestellt. Diverse Behauptungen um die „Row Zero“ werden von den Rammstein-Anwälten en detail als nicht relevant im juristischen Sinne entkräftet.

So hatte die Kanzlei Schertz Bergmann, die Till Lindemann als Einzelperson vertritt, schon Ende Juni von „einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung“ gesprochen. „So wurde nicht nur versäumt, hinreichend Beweistatsachen zu recherchieren und zusammenzutragen, sondern zudem auch gegen die Vorgabe verstoßen, ausgewogen und objektiv zu berichten“; so die Anwälte vom Berliner Kurfürstendamm.

Die Band selbst, die heute das erste von zwei Konzerten in Budapest spielt, scheinen von all dem künstlerisch entrückt. Zu den Scharmützeln der Anwälte hält man sich bedeckt. Auf der offiziellen Rammstein-Seite bei Instagram ist stattdessen ein lustiges Mini-Video vom der holländischen Tour-Station aufgespielt: Kommentar: „Carried by the crowd! Danke, Groningen!“

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