Till Lindemann vs. „Spiegel“: Macho auf Tauchstation

Landgericht Hamburg soll in mündlicher Verhandlung einstweilige Verfügung gegen Nachrichtenmagazin bestätigt haben. Eine unendliche Geschichte – und Rammstein belassen es bei kryptischen Statements

Der Kleinkrieg um die Recherche-Stories des Hamburger Nachrichtenmagazins „Spiegel“ über angebliche sexuelle Belästigungen von weiblichen Rammstein-Fans in Verbindung mit K.O.-Tropfen, Alkohol und Drogen geht in die nächste Runde.

Verschiedene Fachmedien und auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichten über das gerichtliche Urteil einer „unzulässigen Verdachts-Berichterstattung“, da die eidesstattlichen Aussagen von mutmaßlich betroffenen Frauen den Richtern nicht genügen.

Nach diesem Urteil darf „Der Spiegel“ die eingesammelten Zitate und Äußerungen künftig nicht mehr im Zusammenhang mit den von verschiedenen Frauen behaupteten sexuellen Übergriffen verwenden: Ein weiterer Teilerfolg des Lindemann-Lagers vor dem traditionellen Medien-strengen Landgericht Hamburg.

Die Ericusspitze hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Gegenüber dem Online-Portal „Meedia“ erklärt ein Sprecher von „Der Spiegel“ in dieser Causa:

„Der Verdacht in der Titelgeschichte bezog sich auf das heute unstreitige Rekrutierungssystem, mit dem Herr Lindemann systematisch junge Frauen zum Sex zugeführt wurden, die heute teilweise Zweifel an der Einvernehmlichkeit äußern“, so das „Spiegel“-Camp. „Nur am Rande wurde auch über die bloße Vermutung einiger Frauen berichtet, bei Rammstein-Konzerten oder -Partys von irgendjemandem (nicht: konkret von Herrn Lindemann) „gespiked“ worden zu sein. Dabei handelt es sich um rechtlich zulässige Meinungsäußerungen.“

Insgesamt sieht sich das Nachrichtenmagazin aber auch rechtlich im grünen Bereich. Dazu heißt es in der finalen Einschätzung:

„Der ganz überwiegende Teil unserer diversen Berichterstattungen über Herrn Lindemann und die Band Rammstein wurde im übrigen gar nicht erst beanstandet oder aber vom Landgerichts Hamburg für zulässig erachtet.“

Man fragt sich, wann sich Till Lindemann oder auch die Band Rammstein gemeinsam endlich einmal live und direkt zu all den Anschuldigungen äußern werden. Wenn alles nur ausgedacht ist, warum dann keine Flucht nach vorn?

Jetzt, wo die fetten Millioneneinnahmen der letzten Tour eingefahren sind – und nach all den Anschuldigungen und den Gegen-Scharmützeln ihrer Anwälte strafrechtlich wohl kaum noch etwas zu befürchten ist. In ihrem Band-Image machen Rammstein stets und nur zu gerne auf dicke Hose (siehe auch das hauseigene T-Shirt-Merch mit der Zeile „Manche führen, manche folgen”), im wahren Leben verstecken sie sich hinter einer Phalanx von teuren Star-Verteidigern oder verbreiten kryptische Mimimi-Botschaften via Social Media.

Rammstein wirken dabei wie slicke Manager-Typen mit Seidenschlipsen, die um ihre wohl dotierten Vorstandposten fürchten. Von „Mut“, Belastbarkeit oder „neuer deutscher Härte“ weit und breit keine Spur. Machos auf Tauchstation.

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