Review: „Game Of Thrones“, Staffel 7, Folge 5: Die Glorreichen Sieben auf Zombiejagd

Daenerys, Jon, Jorah, Hund: Alle rücken zusammen, weil die „White Walker“ immer näher Richtung Mauer marschieren. Wann ist es eigentlich so weit?

Nach dem Erfolgsgeheimnis seiner Serie „Mad Men“ befragt, gab Matthew Weiner mal eine gute Antwort zu Protokoll. Sie sei deshalb so gelungen, weil sie nicht nach dem Spielprinzip aufgebaut ist, das Kinder zielsicher für ihre Actionfiguren nutzen: Jeder kämpft mal gegen jeden. Jeder knutscht auch mal mit jedem. „Mad Men“ ist glaubhaft, weil Don Draper eben nicht das Offensichtliche tat: mit seinem erotischen weiblichen Gegenstück, Joan, rumzumachen.

Bei „Game Of Thrones“ läuft das etwas anders. Eher wie bei den Kindern, die ihre Spielkiste auskippen und die Puppen aufeinander loslassen. Jon Snow hat sich zwar noch nicht auf Daenerys eingeschossen (die Szene, in der er die Nase ihres Drachens streichelt, lenkt jedoch in diese Richtung). Aber in der fünften Folge, „Ostwacht“, erleben wir die waghalsigsten Konstellationen, und zwar wie in Zeitraffer: Ser Jorah ist wieder da, Gendry ist wieder da, der „Hund“ … Tyrion schafft es sogar, auf einen Sprung beim Gegner, Bruder Jaime, vorbeizuschauen. Als belauerte man sich im Nachbarhaus.

Diese High-Speed-Reisen sind spektakulär, brechen sie doch das in den bisherigen sechs Staffeln eingeübte Muster, dass „die Reise das Ziel“ ist. Wie lange wurde Tyrion damals als versteckte Fracht bis zur Khaleesi transportiert? Wie zehrend war es für Jaime, als Gefangener von Brienne durch die Wälder gezerrt zu werden, wie schlimm für Arya in den Händen des „Hund“? Jetzt geht alles flinker. Sofort war Jon in Dragonstone und wieder zurück. Jorahs Trip aus dem Kloster ist wie ein Katzensprung, und in Kings Landing, an einem erstaunlicherweise unbewachten Strand, ist der Staatsfeind per Boot, das man gut sichtbar in der Brandung treiben lässt, auch innerhalb kürzester Zeit beim hassgeliebten Bruder.

Wer so schnell von A nach B gelangen kann, muss sich vor den White Walkern, um deren Drohpotential es die ganze Zeit geht, eigentlich nicht fürchten. Die Zombies wandern schon seit vier Folgen durch den Schnee, so zielsicher und selbstgenügend wie eine Werbeunterbrechung.

Zwei Tarlys weniger!

Die „Game Of Thrones“-Autoren entwerfen ihre Story ohne Buchvorlage von George R.R. Martin vielleicht so: An Strategie-Tischen diskutieren die Mächtigen ihre Allianz- oder Angriffspläne. Dann bricht eine Reisegruppe auf. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber es gab auch mal eine Zeit bei „GoT“, in der die großen Überraschungen zwischen den Zielen passierten, Überfälle, Verletzungen, Freilassungen – und nicht am Zielort.

Khaleesi knallhart

Dennoch ist die Episode ereignisreich, trotz des fantasielosen Beginns. Am Ende der letzten Folge wurde der vermeintlich verstorbene Jaime mit einem tonlosen Abspann gewürdigt, hier darf er innerhalb der ersten Sekunden nach Luft schnappend von Bronn aus dem Wasser gezogen werden – was den Cliffhanger des voran gegangenen „The Spoils Of War“ augenblicklich abwertet und ein wenig nach Affekthascherei riecht.

Daenerys wiederum verkündet ihre etwas schräge Machtlinie, die sie Freiheit der Wahl nennt. „Ich lasse euch die Entscheidung“, sagt sie zu den Gefangenen, „geht auf die Knie oder stirbt.“ Sie sei ja nicht gekommen, um Männer in Ketten zu legen. Tod oder (Zwangs-)Gefolgschaft also. Auch hier wieder die erzwungen wirkende Einbindung plötzlich wieder aufgetauchter Figuren: Daenerys lässt Randyll und Dickon Tarly hinrichten, sie waren längst aus dem Blickfeld der Zuschauer geraten, aber halt an der Schlacht beteiligt.

Es ist wichtig bei „GoT“, dass Charaktere möglichst brutal sterben. Die Kill Quote muss erfüllt werden, viele Zuschauer wollen das. Die Hinrichtungen sind die wichtigsten Gesprächsthemen im Netz und im Büro. Welchen Sinn können die Tarlys hier haben? Dass es den Bruder und Vater des lieben Sam trifft, darf eigentlich nur bedeuten, dass es zum Zwist zwischen ihm und Jon Snow kommen wird – denn der ist auf Danerys‘ Seite, die ihren Drachen den Henker spielen ließ.

Sam bricht heimlich aus dem Kloster aus, weil er es satt hat, immer nur von den Errungenschaften großer Männer zu lesen, statt selber in Aktion zu treten. Ab der nächsten Episode wird die Heldentruppe in Winterfell also noch größer.

Cersei wie versteinert

Jaime informiert Cersei darüber, dass nicht ihr Bruder Tyrion am Tod König Joffreys Schuld ist. Für sie ändert das nichts. Sie hasst den Zwergenbruder weiter. Beim Geheimtreffen mit Jaime lässt Tyion erstmals die Hüllen fallen, spricht in ehrlicher Verzweiflung über seinen Selbsthass: „Glaubst Du, ich wollte so geboren werden? Dass ich mir das ausgesucht hätte …“

Am Ende von „Ostwacht“ ist dann eine Comic-Truppe komplett, die wohl nicht zufällig sieben Leute zählt (von ein paar Zusatz-Soldaten abgesehen). Die magische Sieben. Unter ihnen befinden sich: ein lebender Toter (Jon), ein von einer tödlichen Krankheit Geheilter (Jorah), ein Todgeweihter (der „Hund“) sowie Gendry, der Junge mit dem Thor-Hammer. Also Superhelden. Ihre Mission: In die Eiswüste jenseits der Mauer aufbrechen und einen White Walker schnappen.

Wird „Game Of Thrones“ zum unterhaltsamen Cartoon? „Tote Männer, Drachen, Drachen-Königinnen …“, nuschelt Cersei vor sich hin.

Ein anderer sagt: „Welche Königin müssen wir eigentlich überzeugen? Die mit dem Drachen oder die, die ihren Bruder fickt?“

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