Gorillaz

„Cracker Island“ – Grandios gehalten

Parlophone/Warner (VÖ: 24.2.)

Damon Albarn weiß immer noch, wie guter Pop geht, und lädt wieder viele Gäste ein.

Schon erstaunlich, dass sich die 90er-JahreIdee einer virtuellen Popband ein Vierteljahrhundert so gut gehalten hat. Als Damon Albarn und der Comiczeichner Jamie Hewlett 1998 in ihrer WG das Konzept der Gorillaz ausbaldowerten, war MTV noch richtig auf Sendung und alles Digitale galt als neu, knusprig und heiß. Die Verfilmung von „Tank Girl“ hatte Hewlett zum Star gemacht, Blur eroberten mit „Song 2“ gerade die USA. Und alle liebten Animes, die damals frisch aus Japan in den Westen schwappten.

Ein hochmelodischer und enorm abwechslungsreicher Pop-Sound

25 Jahre später nervt das hartnäckige Beharren auf dem virtuellen Aspekt der Gorillaz-Musiker ein bisschen. Die Fake-Bios von Murdoc, 2-D, Noodle und Russel Hobbs sind epische Erzählungen, die WikipediaEinträge endlos detailliert. Nachgewachsene Fans sehen das möglicherweise anders – Videos wie die „Immersive Live Performance“ von „Skinny Ape“ sind ja sehr hübsch. Der Song selbst spielt mit der körperlichen Schwäche von Albarns Alter Ego 2-D – „Don’t be sad for me, I’m a cartoon G“ – und entwickelt gegen Ende eine kindliche Aufgekratztheit.

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Das vorige Album, „Song Machine, Season One: Strange Timez“ (2020), präsentierte sich als ein Defilee der Stars, von Robert Smith über Elton John bis St. Vincent. Das war amüsant und unterhaltsam, aber insgesamt auch ein bisschen generisch. Mit Gästen wie Beck, Bad Bunny, Tame Impala und Stevie Nicks geht „Cracker Island“ etwas dezenter in dieselbe Richtung. Letztlich ist es aber egal, wer gerade zum Gesang beiträgt. Die Albarn-typische pastorale Melancholie korrespondiert perfekt mit einem hochmelodischen und enorm abwechslungsreichen Pop-Sound, produziert mit Unterstützung des achtfachen Grammy-Preisträgers Greg Kurstin (Beck, Adele, Foo Fighters). Der fantastisch groovende Titelsong mit dem Bass-Zauberer Thundercat legt die Latte schon zu Beginn hoch.

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„Oil“ braucht ein paar Takte, aber sobald Stevie Nicks im Refrain einsetzt, steigt das Stück höher und höher; es ist sogar ein Hauch Fleetwood Mac zu spüren. Besonders toll ist das raffinierte „Silent Running“ mit Gastsänger Adeleye Omotayo. Überhaupt sind die Songs durchweg großartig. Mit den Gorillaz hat Damon Albarn den richtigen Abstand zum retroseligen Britpop gefunden, von dem sich die alten Rivalen von Oasis auch nach 25 Jahren nicht trennen können.