Mistaken For Strangers :: Regie: Tom Berninger
Wer bei „Mistaken For Strangers“ einen professionellen Musikfilm erwartet, wird genauso enttäuscht werden wie die Kritiker, die diesem charmanten Werk Dilettantismus bescheinigten. „Liebe Kollegen“, ist man geneigt zu sagen, „genau darum geht es doch hier.“ Tom Berninger, ein dicklicher 30-Jähriger, der immer noch bei seinen Eltern lebt, wird von seinem älteren Bruder, Matt, Sänger der überaus erfolgreichenIndie-Konsens-Band The National, eingeladen, einen Film über ihre Welttournee zu drehen. Toms Erfahrungen beschränken sich auf das Fabrizieren billiger Horrorfilmchen, DIY-Trash der härtesten Sorte, wie man durch kurze Kostproben erfährt.
Mit einer einfachen digitalen Handkamera ausgestattet, dreht er den überwiegenden Teil der Szenen selbst. Und da Tom ein präziser Beobachter ist und zudem sehr viel Humor hat, ist sein Film um so viel unterhaltsamer und spannender, als es die x-te Tour-Doku gewesen wäre. Er macht sich erst gar nicht die Mühe, die Erwartungen, die man an ihn als Filmemacher oder kleinen Bruder stellt, zu erfüllen. Umgekehrt ist die Realität aber auch für Tom eine Enttäuschung, denn nicht mal vom Schlagzeuger kriegt er eine gute Drogengeschichte zu hören. Von Groupies und wilden Backstage-Partys natürlich auch keine Spur.
Die fast schon beamtenhafte Wirklichkeit eines professionellen Tour-Betriebs, bei dem natürlich alle Rädchen ineinandergreifen müssen und jeder Griff sitzen muss, wird einzig und allein von Tom konterkariert. Und das ist die eigentliche Geschichte des Films. Ein Filmemacher, der sich in der Rolle eines embedded journalist auf Tour begibt und das so dröge findet, dass er sich stattdessen lieber selbst inszeniert. Kein Wunder, dass gerade Michael
Moore „Mistaken For Strangers“ liebt. Und er hat recht. Diesen liebevoll gemachten Film kann man sogar Leuten empfehlen, die, wie der Autor dieser Rezension, mit The National gar nichts anfangen können.