Musikbücher von Wolfgang Doebeling

„Can’t Be Satisfied -The Life And Times Of Muddy Waters“

(Little, Brown& Company, ca. 30 Euro)von Robert Gordon ist eine vorbildliche Biografie, gründlich recherchiert und exzellent geschrieben. Was nicht besonders schwer zu sein scheint, wenn die Dramatik eines übervollen Lebens die Feder führt, und sich die Dramaturgie des Buches entlang dieser Lebenslinien quasi naturwüchsig entfaltet. Natürlich sind die Stationen sattsam bekannt. Vom Baumwollpllücker zum Baumeister des Rhythm & Blues, vom Mannish Boy zum Hoochie Coochie Man, vom entwurzelten, immer hungrigen jungen Picker in Chicago zum Inspirator ganzer Musiker-Generationen. Tatsächlich liest sich das Leben des Mc-Kinley Morganfield nicht nur wie die Geschichte des Blues. Sie ist es. Oder wie Keith Richards es in seinem Vorwort formuliert; „Muddy was like a map, he was really the key to all the other stuff“. Gordon legt die Spur zu diesem Schlüssel. Und wer den nicht hat, bleibt ein Tropf und Musikunverständiger. So einfach ist das. 5,0

„A Love Supreme – The Story Of John Cottrane’s Signatare Album“

(Penguin, ca. 30 Euro) von Ashley Kahn leistet Genese, Kritik und Rezeptionsgeschichte bis hin zu dem nicht selten beklagenswerten Einfluss, den Tranes vierteilige, spiritualistische und längst heiliggesprochene, 1965 veröffentlichte Suite auf Rockmusiker wie Carlos Santana und John McLaughlin hatte. „A Love Supreme“ bleibt Coltranes umstrittenstes Werk, trotz oder gerade weil es auch sein massenwirksamstes ist. Die Jazzerati rümpfen die Nase und bevorzugen den frühen, Bebop-deklinierenden Sax-Innovator, so wie der aufgeklärte Popfan „Sgt. Pepper“ verachtet und „With The Beatles“ vorzieht. Snobismus? Nein, Herz vor Hybris. Eine Unterscheidung dieseits religiöser Erfahrung freilich, und als solche wird „A Love Supreme“ gern gepriesen. Die Lektüre dieses Buches vermittelt eine Ahnung davon. 4,0

„Brown Eyed Handsome Man – The Life And Hard Times Of Chuck Berry“

(Routledge, ca. 35 Euro) von Bruce Pegg ist, das dürfte niemanden wundern, „An Unauthorized Biography“. Der schlaue (viele Ex-Freunde sagen: verschlagene) Chuck hat mehr Misstrauen in sich aufgestaut, gegenüber Jedermann, als ein Heim für misshandelte Hunde. Im übrigen hat er ja bereits 1987 eine Autobiografie vorgelegt, die doch möglichst konkurrenzlos bleiben sollte. Und in der Mr. Berry eine Reihe Peinlichkeiten und unschöne Erinnerungen wohlweislich ausgespart hat. Pegg zeigt das vollständige Bild; ohne indes je in Sensationalismus und Enthüllungswahn zu verfallen. Im Gegenteil. Der Autor liebt den Kerl, nimmt ihn in Schutz, selbst da noch, wo es peinsam wird. „My Ding-a-Ling“ hat nicht Chuck verbrochen, lernen wir, sondern die DJs, die den Novelty-Schiss zum Hit machten. Meet Chuck Berry, Schlawiner und Legende. 4,0

„Not Necessanly Stones, Birt Beautiful – The Making Of ‚Are You Experienced'“

(Unanimous, ca. 14 Euro) von Sean Egan führt einen Jimi Hendrix vor, der im Fadenkreuz vieler, einander ausschließender Erwartungen stand, der Pilot war, aber auf die Navigation anderer vertraute. Vor allem den Eingebungen seines Managers Chas Chandler. Egan interviewte Randfiguren und Insider, lotet Jimis Seelenleben aus und beleuchtet die Sessions, bis hinein in die letzten studiotechnischen Details. Was die Optik seiner Lupe nicht so gut erfasst, ist das Gesamtwerk und die ungeheure Wucht, mit der es einschlug. 3,5

„The Rolling Stones – Complete Recording Sessions 1962-2002“

(Cherry Red/Iron Pages, ca. 30Euro) von Martin Elliott listet und ordnet 1183 Aufnahmen ein, chronologisch, inclusive Live-Releases, Bootlegs und verschiedener Versionen bzw. Mixe. Ein umfassendes Nachschlagewerk, das auch dem fortgeschrittensten Fan noch Demut beibringt. Hände hoch, wer „Fragile“ von 1971 kennt oder „English Summer“ von 1966. Man könnte depressiv werden beim Gedanken an die ungehobenen Schätze. Eine komplette Werkschau wird es aber wohl nie geben. Weil Mick keine Zeit hat, Keith keine Lust und Charlie kein Interesse. Saubande, blöde. 4,5

„The Paul McCartney Encyclopedia“

(Virgin, ca. 28 Euro) von Bill Harry ist schon deshalb beachtenswert, weil Harry die Fabs seit ihren College- und Caverntagen kannte und als Herausgeber des Musikblatts „Mersey Beat“ auch über ein gut entwickeltes Koordinatensystem ihres kulturellen Umfeldes verfügt. Zumindest, was die Jahre bis 1966 betrifft. Alles danach ist zusammengetragen, aber äußerst penibel. Von Maccas Mädchen über seine Drogenvorlieben bis zu seinen Ehrungen und Irrungen. Der gläserne Paul. 3,5

„Blondie – From Punk To the Present“

(Musical Legacy, ca. 38Euro)von Allen Metz ist die Bandgeschichte in tollen Bildern und dünnen Worten. Obwohl sich einiges, auch Privates in Erfahrung bringen lässt, vor allem natürlich über Debbie Harry. Die war, so Madonna, „the coolest chick in the universe“. Dieser Band legt Zeugnis davon ab. 3,5

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