Thank You Friends – The Ardent Records Story :: Respektables Label, indes nicht immer eine Erfolgsgeschichte
Legenden, die sich um berühmte Tonstudios wie das von Sun Records oder Stax ranken, sind im kollektiven Bewusstsein längst so präsent, dass sie irgendwann auch Touristen-Attraktionen wurden. Erstaunlich ist eigentlich, dass noch niemand die Geschichten der berühmtesten unabhängigen, will sagen: nicht von den Major Companies betriebenen Studios in einem Buch erzählte. Die verbindet man ja wiederum zig-Jahre im Kleingedruckten von LP-Covers genannt-mit allseits geliebten Klassikern aus der ganzen Folk- und Blues-, Rock-, Soul- und Popmusik genauso wie mit legendären Jazz-Produktionen. Von deren Nimbus profitieren sogar in diesen DIY-Zeiten des großen Studio-Sterbens einige nach wie vor.
Die 1959 gegründeten Ardent Studios beispielsweise, heute an der Madison Avenue in Memphis zu finden. In den 60er Jahren schauten dort manchmal Bands u nd Produzenten vorbei.
für die Stax in der Regel die erste Adresse bei ihren Sessions war. Aber von Box Tops und Albert King über Leon Russell und Led Zeppelin bis zu James Taylor, Ry Cooder und ZZ Top fanden viele Musiker die Voraussetzungen für professionelle Arbeit dort so gut, dass sich der Betrieb auch in Konkurrenz zu etlichen anderem am Ort rentierte. Als Dienstleistungsbetrieb zählte man in der letzten Zeit Cat Power und John Hiatt, White Stripes und George Thorogood zu den Kunden.
Eine Zeitlang lief das Geschäft so gut, dass man nach Sun und Stax als drittes in Memphis riskierte, was berühmte Studios in London, Los Angeles und New York nie wagten: ein eigenes Label zu gründen. Eine kleine Weile hatte man damit — nachdem Stax genügend Geld investierte und den Vertrieb übernahm — sogar bescheidenen Erfolg. Stax-PräsidentAI Bell war wohl von dem Ehrgeiz besessen, es Ertegun, Wexler und Dowd zu zeigen, die mit Cream, Led Zeppelin, Derek ist The Dominos, Allman Brothers und anderen Rock-Bands sich eine komplett neue Klientel erschlossen hatten. Jim Dickinson und Terry Manning sollten es als Tonmeister, Produzenten und auch schon mal einspringende Session-Musiker richten. Kein Problem auch, Spezialisten für die Arbeit am Mischpult zu finden. Was fehlte, waren aufstrebende oder schon namhaftere Bands, die sich vorstellen konnten, bei dem Label auf Dauer eine Heimat zu finden.
Wieso das Projekt ein so totaler kommerzieller Misserfolg wurde, wird in den Liner Notes von Mit-Begründer John Fry wie auch von Dickinson und Manning— und das wirklich sehr ausführliche 22 Seiten lang! – mit keiner einzigen Zeile thematisiert. Tatsächlich beherrschten die Major Companies den Markt so total, dass alle neuen Erfolgs-Labels von Stigwoods RSO über DJM bis Asylum und Geffen mehr die konsequente und geschickt betriebene Fortsetzung musikverlegerischer Aktivitäten waren. Stax-Boss Bell hatte auch nicht annähernd die Qualitäten als Stratege wie das Team David Geffen/Elliott Roberts, die damals die Konkurrenz das Fürchten lehrten, noch hatte er irgendwo Songwriter von deren Kaliber — Joni Mitchell, Jackson Browne — unter Vertrag, deren wachsende Popularität für enorme Plattenverkäufe gut war.
Was er hatte, war Alex Chilton, ehemals Box Tops, und seine Band Big Star. Und ein paar total obskure Gruppen wie The Honey Jug. The Goatdancers und The Badgers, die mit modischen Psychedelica, teils total abgedrehtem Pop und reichlich von der British Invasion beeinflussten Songs ihr Glück versuchten. Wobei sich dahinter manchmal nur Manning und Studiomusiker verbargen. Ein oder zwei hätten es tatsächlich verdient, in die berühmte „Nuggets“-Sammlung aufgenommen zu werden. Etliche findet man hier erstmals überhaupt veröffentlicht. Von den damals auf Single erschienenen ist die von Sid Selvidge vorgetragene Don-Nix-Ballade „Miss Eleana“, als heftiges Stück Barock-Pop arrangiert, sehr gewöhnungsbedürftig, während die ganz hübsch beatlesquen Tom-Eubanks-Songs hier alles andere als übel klingen. Die Liner Notes und Terry Manning selber legen Wert darauf, dass er der Architekt des „Ardent Sound“ war.
Was den damals ausmachte, wird nur nicht wirklich sinnfällig und überzeugend plausibel. Beiden Sessions für die Big Star-LPs setzte sich John Fry selber ans Mischpult. Genau genommen ist „The Ardent Records
Story“ mehr oder weniger der Vorwand, 20 Chris Bell/Alex Chilton/Big Star-Aufnahmen zu präsentieren, ein Dutzend davon hier erstmals zu hören, die allermeisten auf der zweiten CD. Damals relativ okkult, mittlerweile längst Kult, ist Big Star hier auch mit Aufnahmen wie „In The Street“ und „When My Baby’s Beside Me“ zu hören, die nur einmal mehr in Erinnerung rufen, wieso das Etikett „Power Pop“ allen musikalischen Qualitäten zum Trotz so oft Garantie für kommerziellen Flop bedeutete.
Der sprichwörtliche Speck, mit dem man hier Mäuse fangen möchte, sind die die Demos („Back Of A Car“) und Alternativ-Takes unsterblicher Big Star-Songs, alle in gutem Mastenng. Der „appetizer“ ist zwischendurch „September Gurls“ in der Originalaufnahme. Die sollte jeden, der Big Star allen Ernstes noch immer nicht kennt, dazu verleiten, sich mal um deren drei LPs zu kümmern!