The Raveonettes – Chain Gang Of Love :: Columbia

Das Konzept schien perfekt: Fifties-B-Movie-Bilder zu Fuzz und Feedback, kein Song über drei Minuten und drei Akkorden, alles in derselben Tonart. Die erste Single war fantastisch: „Attack Of The Ghostriders“ war Surf noir, verband die Hang-Ten-Euphorie der Deltones mit dem dräuenden Amp-Gewitter von The Jesus & Mary Chain. Frühe Live-Auftritte dämpften die Begeisterung freilich. Zu amorph die Lärmkulisse, zu kalkuliert die Dramaturgie. Und ein Drummer mit Kopfhörern, der zu Click-Tracks aus der Retorte spielte. Rock ohne Roll? Leider. Das bestätigte dann auch das eilig nachgeschobene Mini-Album „Whip It On“ mit seinem monochromatischen, statischen Sound. The Raveonettes, das ließ sich nun nicht mehr kaschieren, sind eine Band ohne Swing.

Ihr erstes properes Album tut wenig, um diesen Eindruck zu widerlegen, aber eine Menge, ihn vergessen zu machen. Mehr Melodie, mehr Ökonomie, mehr Licht und Schatten. „Remember“ evoziert zu Beginn Buddy Holly, dessen „Rave On“ dem Dänen-Duo den Namen gab. „That Grear Love Sound“ belehnt die klassische Akkordik der Bobby Fuller Four, „Noisy Summer“ flirtet mit dem koketten Charme der Crystak „The Chain Gang Of Love“ ist, was die Zitate angeht, ein offenes Buch. Kein Wunder. Produziert hat Richard Gottehrer, Girl-Group-Veteran und Pop Sensibilist der alten Schule. Und so wird nicht mit Zucker gespart, milchige Melodien werden sahnig aufgeschlagen, die Absenz von Song-Substanz wird mittels Aromastoffen aus Gottehrers Arrangement-Küche übertüncht.

Das sorgt für seltsame Kontraste. „The Love Gang“ etwa unterlegt süße, Angels-unschuldige Harmonies mit mechanischen Beats, dann wird strategisch auf die Noise-Taste gedrückt, und der Text laviert lustig zwischen Teenager-Romanze und verruchtem Fetischismus. Eine Ambivalenz, die sich durch das gesamte Album zieht wie ein in-joke. Und funktioniert, wenn nur ein Innuendo im Raum hängt, wenn Platz bleibt für Fantasie. „Jimmy says diät sex don’t sell“, singen Sune Rose Wagner und Sharin Foo in „Dirty Eyes“ und reimen weiter: „He’s just so… oh well“. Dazu erklingt eine feine Shadows-Gitarre, ohne natürliches Echo, ohne Vibrationen und ohne nennenswertes Volumen. Dafür enorm transparent. Sänger und Songwriter Wagner nennt ihn „modern“, diesen flachen, volldigitalen und am Mischpult mathematisch zu definierenden Sound. Gottehrer, der mit den frühen Blondie-Platten Maßstäbe in sinnlicher Klangreproduktion gesetzt hatte, musste sich wohl erst daran gewöhnen. Ist einen Versuch wert. Oder zwei.

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