Rückblick 2022: „Elvis“ von Baz Luhrmann – der Blackness-Botschafter

Elvis Presley wird von Baz Luhrmann nicht als König des Rock’n’ Roll, sondern als Blackness-Botschafter inszeniert.

Man hat das schon einmal gelesen: Elvis Presley verschmolz Rhythm’n’ Blues und Country Music zu Rock’n’Roll. Es steht jetzt auch im Abspann von Baz Luhrmanns „Elvis“-Film. Man SIEHT hier auch die Beale Street in Memphis, die Juke Joints, man sieht Gary Clark Jr. als Arthur Crudup – Autor von „That’s All Right“ – und Yola als Sister Rosetta Tharpe, man sieht den Einfluss des wilden Little Richard und – bei einer späten Pressekonferenz – Fats Domino, den Elvis als Erfinder des Rock’n’Roll bezeichnet. Man sieht eine Art Levitation des jungen Elvis bei einer Gospelmesse.

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Nun ist dies kein Dokumentarfilm, aber Presleys Erscheinen wird in den Zusammenhang gerückt: ein Adept der Stile und des Ausdrucks der Black Music, die er seit der Kindheit aufgesogen hat. Der Film zeigt Elvis als genialischen Schüler schwarzer Sänger und Musiker, als Eklektiker der Stile und, auch das, als Grenzüberschreiter.

Hassliebe als Treibstoff

Luhrmanns Film ist nicht revisionistisch, aber er zeigt Elvis Presley als Mann seiner Zeit und seiner Welt. Er wurde nicht als King of Rock’n’Roll geboren. Leider lässt Luhrmann Elvis’ Leben von einem unzuverlässigen Schwätzer erzählen: Tom Hanks als Colonel Tom Parker bramarbasiert und lamentiert zwei Stunden und vierzig Minuten lang. Die Hassliebe der beiden Männer bildet das Zentrum des Films: Elvis wollte nach Europa, Parker hatte keinen Pass. Elvis wollte Filme wie die mit James Dean, Parker wollte billige, schnelle Nummern.

Und Parker legte Presleys hilflosem Vater Vernon eine Rechnung für alle Ausgaben seit 1955 vor. Neben Hanks’ Off-Kommentar sind alle Informationen in manierierte Dialoge gelegt worden. Alle sprechen geschwollen salbungsvoll wie in Gangsterfilmen. Die Rollen von Priscilla Presley, Jerry Schilling, Charlie Hodge und Dr. Nick sind mäßig besetzt. Im Hintergrund laufen als Zeitkolorit die Nachrichten von der Ermordung Martin Luther Kings und Robert Kennedys und eine Ansprache von Lyndon B. Johnson. Colonel Parker labert und labert. Dabei war er nicht einmal Colonel. Nicht einmal Parker. Nicht einmal Tom.

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Dennoch ist dieser Film eine Sensation. Die Sensation ist Austin Butler. Der Schauspieler VERKÖRPERT
Elvis Presley von den ersten Auftritten mit kreisender Hüfte an und wird immer besser, wenn er im Lederanzug im Comeback-Special auftritt, im weißen Anzug „If I Can Dream“ schmettert und schließlich mit Fanfaren im Hotel International auftritt. Er ist so gut wie Elvis. Und niemand ist so gut wie Elvis.

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