RÜDIGER HOFFMANN

Rüdiger Hoffmann sieht exakt aus wie - Rüdiger Hoffmann! Irgendwie lieb, irgendwie völlig normal - so, als hätten Max-Weber-geschädigte Soziologen ihn im Reagenzglas gezüchtet. So normal, daß er schon wieder exotisch wirkt. Echt Paderborn. Hohe Stirn, Fielmann-Modell auf der Nase, Jeans, Schlabberpulli, Lederjacke, olle Schuhe. Doch Hoffmann hat den Schalk im Nacken (und viel, viel Geld auf dem Konto). Nach dem Hauptgewinn mit "Der Hauptgewinner" entert auch "Asien, Asien" gerade die Charts. Hoffmanns Erzählungen, im nötigen Tonfall "des Mannes von nebenan" vorgetragen, sind laut Hellmuth Karasek "Glücksfälle und Unglücksfälle des deutschen Gemüts".

Mit „Asien, Asien“ auf Anhieb von Null auf 11 in die Charts – und das nur mit Blödeln! Wie macht man das? Hast Du Dir Deine Käufer live erspielt?

Kann gut sein. Manchmal hab ich 160 Auftritte am Stück durchgezogen. Viele Radiogeschichten, mal „Wetten, daß?“- das läppert sich. Nicht zu vergessen: Ich war gut 30mal in „Samstag Nacht“. Das ist dann halt die Ernte, die man einfährt.

Und als Sahnehäubchen der Auftritt im Vorprogramm der letzten Stones-Tour. Erzähl mal!

Das war einer der aufregendsten Tage in meinem Leben, muß ich sagen. Ich hab mir gedacht: „Die Chance hast du nur einmal – ja oder nein!“ Da gab’s durchaus warnende Stimmen, andere sagten: „Mach einfach – ob die Leute nun pfeifen oder nicht.“ Also bin raus auf die Bühne. Alles riesengroß. Und die Leute haben tatsächlich geklatscht! Nicht eine Flasche kam geflogen! Na ja, einmal doch, aber das war’n Pappbecher, und den hab ich sogar lange kommen sehn.

Haben die Stones Dich denn überhaupt bewußt registriert?

Ich glaub schon. Die haben ja alles unter Kontrolle. Soweit ich weiß, hat sich Jagger in Australien – da lag die Anfrage bei ihm auf dem Tisch – dafür entschieden. Anfangs wußten sie wohl nicht so recht, was sie von diesem seltsamen Menschen halten sollten, aber hinterher, in der Stones-Garderobe, hat mich Keith in den Arm genommen und irgendwas von „You ‚re the stand-up-comedian“ gegrummelt. War ein geiler Tach.

Wenn Du also auch diesmal den Zuschlag bekommst – Du bist dabei?

Bei den Stones? Klar. Natürlich ist es komisch, ohne Band und Bühnenshow vor solchen Menschenmengen aufzutreten. Ich habe da gestanden, wo Mick Jagger steht, ich glaub sogar an seinem Mikrofon.

Auch wenn das gesprochene Wort Dein Metier ist: Man kennt Dich als Musikfreak. Hörer oder Täter?

Mit 12,13 Jahren hab ich meine ersten Gehversuche gemacht: Keyboarder in einer Rockband. Sinnigerweise haben wir vor allem Jagger/Richards-Songs gecovert. Ich war immer der totale Stones-Fan. Später hab ich Musik studiert: Klassik, Klavier, Gesang, na ja, und jetzt hab ich so’n kleines Studio Zuhause, wo alles drin ist: Schlagzeug, Baß, Gitarren, Keyboards. Und da wurschtel ich vor mich hin. Vielleicht kommt ja was bei raus. Aber das will ich noch nicht an die große Glocke hängen; das ist mehr so., einfach Spaß. Musik ist für mich einfach das Größte.

Wie kommst Du zu Deinen Stories? Fährst Du mit öffentlichen Verkehrsmitteln und startest den Hoffmann’schen-Lauschangriff?

Nä, das passiert eher automatisch. Ich gehe nicht bewußt in die Stadt, um irgendwo Geschichten oder Themen aufzutreiben. Das ist ein Reflex.

Ich habe wohl schon immer beobachtet, „Asien, Asien “ etwa ist so was wie ’ne Abrechnung mit den Typen, die man aus diesem Business kennt, die mit sonorer Stimme sagen: „Du hast es drauf, Du bist die Nummer eins – Du alte Sau, Du.“ Die kennst Du doch auch, diese Labertüten, die reden, ohne daß was bei rauskommt.

Was machst Du 15 Minuten vor einer Show – wenn Du rausmußt, um 7000 Menschen zu überzeugen?

Yoga. Und ich geh auf die Toilette. Das drittletzte Mal vor der Show. Der Drang ist definitiv da.

Kannst Du eigentlich gut Witze erzählen?

Überhaupt nicht. Mittendrin muß ich immer nachfragen, wie denn die Pointe noch mal war. Ich war auch in der Schule nie der Pausenclown. Im Gegenteil. Das Gespür fürs Timing, das man im Kabarett braucht, hat eher mit Musik zu tun: wo man Pausen macht, wie laut oder leise man wird, wo man die Dynamik erhöht – das ist wie Strophe, Refrain und Bridge.

Gibt es dazwischen auch Platz für Improvisation?

Nein, die Sketche fast jeden Abend identisch bis hin zum Tonfall, bis in die kleinsten Nuancen ist das gleich. Eine Entwicklung vollzieht sich, wenn überhaupt, sehr langsam. Manchmal kommt dann ein „Ja“ hinzu, oder ein Schlucken, aber im Prinzip steht alles fest.

Worüber lacht jemand, über den die Nation lacht?

(Lange Pause) Da muß ich überlegen. Natürlich über Komiker, Polt etwa, über Situationskomik.

Die Tragik, so heißt es, sei die eigentliche Quelle und Triebfeder des Witzes.

Da ist was dran. Im Kern sind viele Nummern verdammt traurig. Humor ist eine ernste Sache.

Und Unglück – wie würdest Du das definieren?

Unglück? Wenn mir jemand vorschreiben könnte, was ich zu tun und zu lassen habe; deswegen hab ich ja auch dieses Leben gewählt. Ich behaupte ja nicht, mit dieser Theorie den ganzen Nationalsozialismus zu erklären, aber: Als Maler wurde Hitler ausgelacht, genau wie Goebbels als Schreiber. Derartige Kränkungen sind sehr subtil.

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